Kapitänin Giulia Gwinn schrieb fleißig Autogramme für die Fans, Jule Brand stolzierte strahlend mit großen Schritten ins Teamhotel. Das Verwirrspiel um Lena Oberdorf oder die Kritik am Bundestrainer waren plötzlich weit weg, als sich die deutschen Fußballerinnen für den letzten Teil des spannenden EM-Castings versammelten. Die gute Laune bei der Ankunft in Bremen täuschte aber nicht darüber hinweg, dass es rund um die DFB-Frauen in den vergangenen Tagen mächtig rumorte.
Fragezeichen um Wücks Kommunikation
Wenige Wochen vor dem Start der kniffligen EM-Mission in der Schweiz (2. bis 27. Juli) muss sich Christian Wück mit einigen Problemen abseits des Platzes herumschlagen. Weil Spielerinnen ihm öffentlich mangelnde Kommunikation vorwerfen, aber auch, weil er in der Causa Oberdorf jüngst kein allzu gutes Bild abgegeben hatte. Die deutlich vernehmbaren Misstöne sorgen vor den letzten Härtetest vor dem Turnier für Unruhe im Umfeld.
Was war passiert? Wück ließ erkennen, dass er mit Blick auf die EM mit Oberdorf plant, obwohl die Schlüsselspielerin seit einem Kreuzbandriss vor zehn Monaten noch keine Spielpraxis gesammelt hat. Bei der Vorstellung seines XL-Kaders, dem auch Oberdorf angehört, für die Nations-League-Partien in Bremen gegen die Niederlande (Freitag, 20.30 Uhr/ZDF) und in Wien gegen Österreich (3. Juni, 20.30 Uhr/ARD) hatte er dennoch erklärt, dass er "keine Rücksicht" mehr nehmen müsse.
"Sie ist zu 100 Prozent einsatzfähig und im Trainingsbetrieb bei den Bayern", sagte der 51-Jährige, der am 12. Juni seinen 23er-Kader für die Titelmission nominiert: Es gehe "erst einmal darum, ihr die Möglichkeit zu geben, sich bei uns zu präsentieren. Wir werden sehen, wie sie sich gibt - und dann schauen wir mal."
Die Aussagen sorgten für Irritationen, da Oberdorf in ihrem Podcast ausplauderte, dass sie nicht auf dem Platz zu sehen sein wird. Und ihr Verein Bayern München? Der teilte auf Anfrage deutlich mit, dass die 23-Jährige nicht zum Einsatz kommen werde und verwies auf eine diesbezügliche Absprache mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB). Der DFB wollte sich danach nicht mehr weiterführend äußern.
Irritation im Nichtnominierungen
Es passte ins Bild, dass andere Spielerinnen fast zeitgleich öffentlich ihren Unmut über Wück kundtaten. "Mich nicht einzuladen, ist das eine. Mich nicht zu informieren und mir aber nicht mal einen Grund zu nennen, verstehe ich einfach nicht", schrieb etwa Felicitas Rauch (29) nach ihrer Nichtnominierung bei Instagram. Sie wünsche sich "eine viel transparentere Kommunikation".
Für Irritationen sorgte auch, dass neben Ex-DFB-Kapitänin Alexandra Popp weitere aktive und ehemalige Nationalspielerinnen mit einem "Like" auf den Post der Olympia-Dritten von Paris reagierten. Kurz zuvor hatte bereits Bundesliga-Topscorerin Nicole Anyomi von Eintracht Frankfurt öffentlich bemängelt, dass "kein konkreter und direkter Austausch" mit Wück stattgefunden habe.
Und so geht es für den Bundestrainer in dieser Woche erst einmal darum, die Reihen zu schließen. Was das Sportliche angeht, darf Wück immerhin etwas aufatmen. Dass die Innenverteidigerinnen Kathrin Hendrich, Rebecca Knaak und Sara Doorsoun nach Blessuren wieder fit sind, lindert seine Abwehrsorgen.
Alle anderen aber wohl kaum.
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