Tour: Lipowitz klettert aufs Podium und schlüpft ins Weiße Trikot - "Total happy"

Aktualisiert
Lipowitz strahlt im Weißen Trikot des besten Jungprofis
Lipowitz strahlt im Weißen Trikot des besten JungprofisMarco BERTORELLO / AFP
Florian Lipowitz trat mit letzter Kraft durch den dichten Nebel der Pyrenäen, dann wartete die Premiere auf dem Tour-Treppchen: Der deutsche Radsport-Shootingstar hat die nächste schwere Bergprüfung der 112. Frankreich-Rundfahrt mit Bravour bestanden und nimmt im Weißen Trikot Kurs auf das Podium in Paris.

Der 24-jährige Ulmer knüpfte auf der brutalen Kletterprüfung über den legendären Col du Tourmalet an seine starken Leistungen an und schob sich in der Gesamtwertung eindrucksvoll auf den dritten Platz vor. Lipowitz profitierte auf der 182,6 km langen 14. Etappe auch vom Ausfall von Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel. Der zuletzt schwächelnde Belgier, im Vorjahr Tour-Dritter, stieg am Samstag entkräftet aus dem Rennen aus und ist für den Deutschen kein Rivale mehr.

"Ich bin total happy", sagte Lipowitz nach der Etappe: "Ich genieße das alles hier wie verrückt, so viele Leute sind an der Strecke. Da versucht man einfach, immer schneller zu fahren." Neuer Hauptkonkurren um das Podium für Lipowitz ist der junge Schotte Oscar Onley, der heute 44 Sekunden auf den Lipowitz einbüßte und in der Gesamtwertung 1:25 Minuten hinter dem Deutschen liegt. Tour-Debütant Lipowitz wurde beim Tageserfolg des Niederländers Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) starker Fünfter und übernahm neben Rang drei auch die Führung in der Nachwuchswertung.

Pogacar souverän - Politt glänzt am Tourmalet

Unangefochten in Gelb fährt Tadej Pogacar. Der Weltmeister und Titelverteidiger wurde Zweiter und baute seinen Vorsprung in der Gesamtwertung auf Ex-Champion Jonas Vingegaard (+ 4:13) minimal aus. Lipowitz (+07:53) liegt mit größerem Abstand dahinter.

Die Schinderei begann bei Kilometer 70 hinauf zum Tourmalet. Der legendäre Anstieg auf den 2115 m hohen und am Samstag wolkenverhangenen Pass, der so oft wie kein anderer in der Geschichte der Frankreich-Rundfahrt erklettert wurde. Angeführt von Pogacars erneut starkem Kölner Helfer Nils Politt nahm die restliche Favoritengruppe den ersten Anstieg geschlossen. Die feuchte und nicht ungefährliche Abfahrt überstand sie schadlos. Politt, der schon 2024 am Tourmalet als Helfer geglänzt hatte, führte das kleine Hauptfeld noch über den Aspin (2. Kategorie) und gab erst am Peyresourde (1. Kategorie) das Kommando ab.

Lipowitz und Gall glänzen am Schlussanstieg

Am Schlussanstieg nach Superbagnères - 12,4 km lang und im späteren Teil über zehn Prozent steil - zeigte Lipowitz seine Klasse. Der Youngster hielt mit rundem Tritt und ruhigem Oberkörper lange das Hinterrad von Vingegaard. Als der dänische Mitfavorit 3,5 km vor dem Ziel attackierte, war der Deutsche hellwach und parierte zusammen mit Pogacar.

Die beiden Superstars zogen anschließend etwas davon, letztlich blieb Lipowitz in Schlagdistanz und formte eine Union mit dem Österreicher Felix Gall, der zuvor angegriffen hatte, sich den vierten Platz in der Tageswertung sicherte und sich seinerseits um zwei Plätzen auf den siebten Gesamtrang verbesserte.

Am Sonntag kehrt die Tour dem Hochgebirge vorerst den Rücken und radelt ostwärts davon. Im Pyrenäen-Vorland geht es auf dem Weg in die alte Festungsstadt Carcassonne über drei gewertete Anstiege, das Profil des Tages begünstigt Fluchtgruppen. Für die Sprinter ist die 15. Etappe mit abermals 2305 Höhenmetern zu schwer.