Dass Andrich nach seinem persönlichen Fehlstart und der Ausbootung beim DFB mehr und mehr in die Rolle des Anführers wächst, ist umso erstaunlicher. Von Phasen, "die ich jetzt mal durchleben musste", spricht der 19-malige Nationalspieler, wenn es um die vergangenen Wochen geht. Jetzt, ergänzte Andrich schmunzelnd, habe er immerhin "alles im Fußball mitgemacht".
Inzwischen hat der Abräumer wieder gut lachen: Andrich entwickelte sich zu einem unverzichtbaren Leader der Werkself - und schöpft wieder Hoffnung auf die WM 2026. Dabei hatte es vor einigen Wochen noch düstererer ausgesehen: Andrich, vom schnell entlassenen Erik ten Hag im Sommer zum Kapitän ernannt, leistete sich inmitten des unruhigen Umbruchs im Rheinland zwei Platzverweise und warf damit Fragen zu seiner Führungstauglichkeit auf.
Die "Scheiße am Fußball" sei, "dass irgendwie gefühlt alles, was man vorher gemacht hat, auf einmal vorbei ist, und alle Leute auf einmal negativ sind", sagte Andrich. Und obwohl es ihn in gewisser Weise störte, dass fast vergessen schien, wie er mit Bayer das Double geholt und bei der Heim-EM 2024 im DFB-Trikot überzeugt hatte, übte er Selbstkritik.
Als neuer Kapitän wolle man "vielleicht sogar zu viel machen, und das ist manchmal nicht gut", erklärte er. Die Folge? Andrich fehlte mehrmals gesperrt, verlor seinen Stammplatz und wurde zuletzt erstmals seit seiner DFB-Premiere im Herbst 2023 nicht für die Länderspiele nominiert. Als eine Art "Libero" kämpfte sich der Mann mit der markanten Mähne aber zurück.
Andrich, das bestätigte Leverkusens Trainer Kasper Hjulmand, habe einen "super Monat" hinter sich. Dass der gelernte Mittelfeldspieler, der auf verschiedenen Positionen, aber vor allem als Abwehrchef überzeugte, jüngst im Derby gegen den 1. FC Köln erstmals in dieser Saison traf, passte ins Bild. "Er zeigt, dass er Führungsspieler ist", betonte Hjulmand.
"Dieses ganze Mediale" habe ihn beschäftigt, "Kapitänsbinde hier, Kapitänsbinde da", sagte Andrich, dessen Flexibilität durch das Fehlen von Ibrahim Maza (Afrika-Cup) und Jarell Quansah (Sperre) auch gegen RB Leipzig am Samstag (18.30 Uhr/Sky) gefragt sein wird: Es sei "völlig okay", dass Leute herausgepickt würden, "die vielleicht schon länger da sind". Nun sei er dennoch "froh, dass es jetzt die letzten Wochen so gut ist".

Bliebe nur die Frage nach dem Nationalteam. Mit Bundestrainer Julian Nagelsmann habe er noch nicht gesprochen, da er "erstmal selber wieder in meinen Rhythmus kommen" wollte. Aber Nagelsmann sei es "wichtig, dass ich am besten Woche für Woche auf dem Platz stehe", sagte Andrich - und ergänzte Richtung WM: Dann jedenfalls werde man "sehen, auf welcher Position und in welcher Form ich hoffentlich dabei sein werde".
