Sie waren sofort wieder da, die Erinnerungen an den vielleicht prägendsten Moment der Karriere des Kasper Hjulmand. Damals, im Juni 2021, als die Fußballwelt gebannt das Herzdrama um Christian Eriksen verfolgte, habe der frühere dänische Nationalcoach "außergewöhnlich agiert. Als Führungsperson, aber auch als Mensch", sagte Sportchef Simon Rolfes.
Dänischer Menschenfänger
Dies seien "Werte, die für uns", für Bayer Leverkusen, aber auch für den XXL-Umbruch "wichtig sind". Werte und Eigenschaften, die sie bei Erik ten Hag vermisst haben sollen.

Nicht zuletzt Hjulmands menschliche, empathische Seite – die Fußballfans inmitten der EM-Tragödie vor vier Jahren weltweit bewegt hatte – überzeugte die Bosse, dass der Däne eine "hervorragende Wahl" (Rolfes) sei.
Und wie blickt Hjulmand darauf? Er "kommuniziere gerne", er sei "ehrlich und direkt", erklärte der 53-Jährige bei seiner Vorstellung am Mittwoch: "Ich sage, was ich meine. Ich verstecke nichts. Das erwarte ich auch von den Menschen um mich herum."
Hjulmand sieht "großes Potenzial"
Was sich die Bayer-Verantwortlichen von ihm erwarten, dessen ist sich der Nachfolger des frühzeitig entlassen ten Hag bewusst. Ein Team inmitten des Umbaus zu formen, werde "harte Arbeit. Aber das Potenzial ist groß. Wir wissen zwar nicht wann, aber dann wird es hoffentlich plötzlich explodieren", sagte Hjulmand.
Er werde jedenfalls "alles tun, was ich kann, um Bayer Leverkusen zu einer erfolgreichen Fußballmannschaft zu machen".

Es wird Geduld brauchen, das wissen sie im Rheinland. Es werde auch "hektisch", sagte Hjulmand - und lachte, schließlich bleiben ihm nur zwei Tage bis zum Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt am Freitag (20:30 Uhr/Sky und Flashscore-Audioreportage).
Match-Center: Leverkusen vs. Frankfurt
Zu sanft?
Erst am Mittwochnachmittag leitete er sein erstes Training. Er schreie niemanden an, versicherte Hjulmand: "Das muss ich nicht, um zu zeigen, dass ich ein starker Anführer bin." Für ihn gehe es darum, die Menschen um ihn herum zu stärken, "damit sie sie selbst sein können".

Sein Naturell wurde Hjulmand aber auch schon negativ ausgelegt. Zu lieb sei er zu den Spielern, zu ruhig, zu wenig emotional für den Abstiegskampf - so lauteten die Vorwürfe 2015, als Hjulmand als Nachfolger von Thomas Tuchel beim FSV Mainz 05 nach knapp acht Monaten schon wieder gehen musste. Keineswegs kehre er nun in die Bundesliga zurück, versicherte Hjulmand, "um irgendetwas zu beweisen".
Hjulmands Name war in den vergangenen Jahren immer wieder durchs Rheinland gegeistert, zu einer Zusammenarbeit kam es nicht. Nachdem er sein letztes Spiel als Nationaltrainer im Vorjahr beim EM-Aus gegen Deutschland bestritten hatte, gab er nun sogar seinen Beraterposten beim dänischen Verband auf.
Er habe "das Gefühl, dass ich hier ich selbst sein kann", sagte Hjulmand: "Um ehrlich zu sein, gab es nur einen Verein, der mir das Gefühl geben konnte – und das ist Leverkusen."