"Big Two" nach "Big Three": Warum Sinner und Alcaraz die neuen Dauerrivalen werden

Jannik Sinner und Carlos Alcaraz könnten die nächsten Jahre im Herren-Tennis dominieren.
Jannik Sinner und Carlos Alcaraz könnten die nächsten Jahre im Herren-Tennis dominieren.THIBAUD MORITZ, DIMITAR DILKOFF/AFP
Wenn Jannik Sinner und Carlos Alcaraz am Sonntag im Finale der French Open aufeinandertreffen, geht es um mehr als nur einen weiteren Grand-Slam-Titel. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Rivalität, die dabei ist, das Herrentennis in eine neue Ära zu führen – eine Ära nach den „Big Three“, in der Sinner und Alcaraz sich gegenseitig zu Höchstleistungen treiben, wie einst Federer, Nadal und Djokovic.

Was sich in den vergangenen Jahren aufgebaut hat, erinnert stark an die Dynamik der einstigen Tennisgrößen. Wie einst bei den Duellen zwischen Federer und Nadal, die sich gegenseitig zu historischen Leistungen anspornten, erreichen auch Sinner und Alcaraz ein Niveau, das ihre restlichen Konkurrenten regelmäßig überfordert. Beide haben die letzten fünf Grand Slams unter sich aufgeteilt – Sinner drei, Alcaraz zwei. Das Finale in Paris könnte nun entweder den Ausgleich (3:3) oder einen vorläufigen Vorsprung für den Italiener (4:2) bringen.

Das erste große Finale – aber wohl nicht das letzte

Bemerkenswerterweise ist es das erste Grand-Slam-Endspiel zwischen den beiden – eine Premiere, die sich fast überfällig anfühlt. Die Paarung schien in diesem Turnierverlauf unausweichlich. Sinner musste im Halbfinale einen erstarkten Novak Djokovic in Schach halten, während Alcaraz von der Aufgabe des zunächst sehr gefährlichen Lorenzo Musetti profitierte. Wie vor dem legendären Wimbledon-Finale 2008 zwischen Federer und Nadal gaben beide auf dem Weg ins Finale kaum Sätze ab – ein Hinweis darauf, dass sich hier ein sporthistorisches Duell anbahnt.

Vorschau Sinner vs. Alcaraz
Flashscore

Auch wenn am Sonntag nur einer den Pokal in die Höhe stemmen wird, wirkt dieses Finale fast wie ein Spiel, das niemand verlieren kann. Zu sehr profitieren beide davon, wenn sie sich gegenüberstehen. Sie kennen sich, sie respektieren sich, sie brauchen einander. Sinner, der methodische Perfektionist, spricht davon, wie ihn Alcaraz unberechenbarer gemacht habe. Alcaraz, der emotionale Wirbelwind, beschreibt Sinner als seinen „Gleichgesinnten“ – den einzigen, der seine Sprache auf dem Platz versteht.

Die Statistik zeigt, wie eng diese Rivalität ist. Alcaraz hat die letzten vier direkten Duelle gewonnen, aber Sinner scheint derzeit körperlich und mental stabiler denn je. Sein Selbstvertrauen wirkt unerschütterlich – ein Spieler, der auf dem Weg ins Finale Top-25-Spieler wie Rublev oder Bublik in unter einer halben Stunde pro Satz abfertigte. Selbst ein erfahrener Gegner wie Casper Ruud wirkte chancenlos.

Sinner und Alcaraz: Die neuen „Big Two“

Für viele Beobachter steht fest: Die übrige ATP-Tour spielt derzeit nur noch zweite Geige. Wie einst bei den „Big Three“ ergibt sich ein Paradoxon: Selbst wenn ein Spieler einen der beiden schlagen kann, ist es beinahe ausgeschlossen, auch gegen den anderen zu bestehen. Djokovic spürte das bei den Australian Open, Medvedev in Wimbledon – gegen Sinner oder Alcaraz zu gewinnen, hinterlässt Spuren.

Das Finale am Sonntag wird nicht nur über einen Grand-Slam-Titel entscheiden, sondern auch über das Momentum in einer Rivalität, die das nächste Jahrzehnt prägen könnte. Und es ist ein Finale, in dem es am Ende zwar einen Sieger gibt – aber keinen Verlierer im eigentlichen Sinne. Außer vielleicht die übrige Tenniswelt, die zusehen muss, wie zwei junge Ausnahmespieler das Spiel neu definieren.

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