Mit 38 Jahren steht Djokovic vor dem womöglich schwersten Frühjahr seiner Karriere. Die Formkrise des einst unantastbaren Champions ist nicht mehr zu übersehen: Seit seinem letzten großen Titel bei den US Open 2023 hat Djokovic fünf vergebliche Anläufe unternommen, um Margaret Courts Rekordmarke zu übertreffen – zuletzt verlor er im Wimbledon-Finale gegen Carlos Alcaraz. Ein Turniersieg 2025? Fehlanzeige. Der erhoffte 100. ATP-Titel lässt weiter auf sich warten.
Verletzungen haben dem 24-fachen Grand-Slam-Sieger zugesetzt. Er musste sich Anfang des Jahres im Halbfinale der Australian Open gegen Alexander Zverev verletzt geschlagen geben, bei den French Open 2024 zog er sich vor dem Viertelfinale zurück. Auch auf einen Start bei den Italian Open in Rom verzichtete er – ein alarmierendes Zeichen für einen Spieler, der einst jede Minute auf Sand dominierte.
Die Trennung von seinem Trainer und früheren Rivalen Andy Murray scheint ebenso Ausdruck der aktuellen Unsicherheit zu sein wie die überraschende Vorbereitung beim kleinen Turnier in Genf. „Ich weiß, was es heißt, ein Grand-Slam-Champion zu sein“, sagte Djokovic dort. Doch der Satz wirkt heute wie ein Mantra gegen den Zweifel. "Es ist nicht mehr so glatt und einfach wie vor 10 Jahren."
Djokovic mit Niederlagen gegen Außenseiter – Ein Schatten des früheren Dominators
Besonders schmerzlich für Djokovic: Sechs seiner Niederlagen in dieser Saison kamen gegen Spieler außerhalb der Top 30. Besonders auffällig war das frühe Aus bei den Monte Carlo Masters gegen Alejandro Tabilo sowie bei den Madrid Open gegen Matteo Arnaldi. „Es ist eine mentale Herausforderung für mich“, gestand Djokovic, „diese Art von Gefühlen auf dem Platz zu erleben, wenn ich regelmäßig früh ausscheide.“
Zwar gab es auch Lichtblicke – der Viertelfinalsieg gegen Alcaraz bei den Australian Open etwa oder das Finale in Miami – doch sie sind spärlich und lassen sich kaum in einen Formaufwärtstrend deuten.
Kein klarer Favorit bei Roland Garros – Chance für Djokovic?
Mit dem Rücktritt von Rafael Nadal und dem anhaltenden Aufschwung von Jannik Sinner und Alcaraz scheint sich die Tenniswelt von der Ära der „großen Drei“ abzuwenden. Djokovic ist der letzte Verbliebene – und das in einer Phase, in der auch seine Top-3-Platzierung Geschichte ist.
Trotzdem: In der offenen Auslosung der diesjährigen French Open, der wohl offensten seit Jahrzehnten, bleibt Djokovic ein gefährlicher Name. Denn wann immer man ihn abschrieb, kehrte er zurück – zuletzt 2018, als er nach einer schweren Ellbogenverletzung und dem Absturz aus den Top 20 Wimbledon gewann und am Jahresende wieder die Nummer eins war.
„Ich habe das Gefühl, dass ich immer noch das Spiel habe“, sagte Djokovic vor Roland Garros. „Ich kann immer noch einer der Anwärter auf die großen Grand-Slam-Titel sein.“ Es wäre nicht das erste Mal, dass Novak Djokovic eine Saison voller Zweifel mit einem Paukenschlag beendet. Doch der Weg dorthin ist so steinig wie lange nicht mehr. Vieles spricht derzeit gegen ihn: die Form, das Alter, die Konkurrenz. Und doch bleibt er – vielleicht gerade deshalb – der Mann, auf den alle schauen.