Mit oder ohne Zverev: Davis-Cup-Team plant schon den nächsten Anlauf

Jan-Lennard Struff konnte sein Einzel nach gutem Start nicht gewinnen.
Jan-Lennard Struff konnte sein Einzel nach gutem Start nicht gewinnen.THOMAS COEX / AFP
Deutschland muss weiter auf den ersten Sprung ins Davis-Cup-Finale seit 1993 warten. Bundestrainer Michael Kohlmann aber plant schon den nächsten Anlauf.

Michael Kohlmann konnte schnell wieder lächeln. Nach dem geplatzten Finaltraum im Davis Cup gab der Bundestrainer die Marschrichtung für den Abend vor: "Wir werden jetzt vielleicht ein Frustbier trinken und dann schauen wir, wie die Jungs in den Urlaub kommen", sagte der 50-Jährige über seine Tennisprofis.

Optimismus und Stolz überwiegen

"Natürlich", so Kohlmann, überwiege nach einem solch bitteren Abend, nach einem 0:2 gegen die Niederlande in einem weitgehend ausgeglichenen Halbfinalduell, erst einmal die Enttäuschung. Die Enttäuschung über die verpasste "große Chance", gegen einen Gegner auf Augenhöhe "etwas Außergewöhnliches zu erreichen", wie der Teamchef betonte.

Trotzdem wollte Kohlmann zum Jahresabschluss das Positive in den Fokus rücken: "Wir haben wieder gezeigt, dass wir im Kreis der großen Mannschaften mitspielen", sagte er. Und das ganz ohne den abwesenden Alexander Zverev

Nach einem guten Davis-Cup-Jahr mit konstanten Leistungen in den oft zähen Quali-Matches in aller Welt, nach einem überzeugenden Viertelfinalsieg zum Start in die Endrunde gegen Kanada, verpasste das DTB-Team am Freitagabend tatsächlich nur die Krönung. Der erste Einzug ins Finale seit 31 Jahren blieb Deutschland verwehrt. Weil Daniel Altmaier und Jan-Lennard Struff jeweils ihr Einzel verloren.

Die Hoffnung darauf, bald mal wieder um das über 100 Kilogramm schwere Monstrum namens Davis Cup spielen zu können, sie lebt beim DTB-Team dennoch weiter. "Das Jahr hat uns gezeigt, dass wir gut sind. Wir hatten eine Chance aufs Finale", sagte Kohlmann: "Dass wir dort nicht Favorit gewesen wären, ist klar, aber ein Limit sehe ich für uns jetzt nicht."

Dem Modus des Finalturniers sei Dank. Denn der wird Deutschland auch in den kommenden Jahren in die Karten spielen. Lediglich zwei Match-Gewinne sind ja nötig für den Sieg - und das DTB-Team verfügt mit Kevin Krawietz und Tim Pütz über ein Spezialisten-Duo, das in jedes mögliche Entscheidungsdoppel favorisiert gehen würde. Wenn es denn, anders als in diesem Jahr, seine Chance bekommt.

Zverevs Abwesenheit entscheidend?

Zur Wahrheit gehört aber auch: Was Deutschland wirklich auf ein neues Level heben und plötzlich zu einem der klaren Topfavoriten machen würde, wäre die Präsenz eines Weltklassespielers im Einzel. Ein Spieler, über den die Tennisnation bekanntermaßen verfügt.

Und so stellt sich unweigerlich die Frage: Was wäre drin gewesen mit Zverev, der in der Finalwoche bereits im Urlaub auf den Malediven weilte? "Müßig" sei es darüber zu diskutieren, hatte Kohlmann dem SID vor Turnierbeginn gesagt: "Aber es würde natürlich nochmal einen Unterschied machen, wenn man die Nummer zwei der Welt in seinen Reihen hätte."

Vielleicht also liegt der Schlüssel zum ersten deutschen Titel seit 1993 für Kohlmann in den kommenden Jahren darin, seinen Starspieler nach einer absurd langen Saison auf der ATP-Tour doch noch für das Nationen-Event zu begeistern. Und gleichzeitig den tollen Teamgeist zu bewahren. Den hat die Davis-Cup-Truppe rund um Anführer Struff in den vergangenen Jahren nämlich in Abwesenheit von Zverev kultiviert.