Zhao als neuer Snooker-Held: Was der WM-Sieg in Sheffield für China bedeutet

Der Chinese Zhao Xintong ist neuer Snooker-Weltmeister.
Der Chinese Zhao Xintong ist neuer Snooker-Weltmeister.Oli SCARFF / AFP
Im Crucible Theatre, dem Mekka des Snookersports, wurde am Montag Geschichte geschrieben. Zhao Xintong besiegte den dreifachen Weltmeister Mark Williams mit 18:12 und wurde damit nicht nur erster Chinese, sondern auch erster asiatischer Spieler, der den prestigeträchtigen Weltmeistertitel erringen konnte. Dieser Triumph ist mehr als ein sportlicher Erfolg – er ist ein kultureller Meilenstein und könnte den Snookersport in China auf ein völlig neues Niveau heben.

Schon kurz nach dem entscheidenden Stoß wurde Zhao in die chinesische Nationalflagge gehüllt – ein Symbol für den Stolz eines Landes, das seit Jahren auf einen solchen Moment gewartet hatte. Der Vorsitzende des Weltverbandes WPBSA, Jason Ferguson, sprach von einem „Nationalhelden“ und prophezeite, dass Zhao Snooker weltweit neu definieren werde. „Er ist jung, talentiert, spricht Englisch und Mandarin – und China liebt Champions“, so Ferguson gegenüber der BBC.

Dass dieser Sieg alles andere als selbstverständlich war, macht Zhaos Weg umso bemerkenswerter. Erst zu Beginn dieser Saison kehrte der 28-Jährige nach einer 20-monatigen Sperre aufgrund eines Wettmanipulationsskandals zurück. Seine Rückkehr über die Amateur-Q-Tour, inklusive vier mühsamer Qualifikationsrunden, gipfelte nun in einem historischen Triumph im renommiertesten Turnier der Snookerwelt.

Symbol eines neuen Snooker-Zeitalters

Zhaos Erfolg ist der vorläufige Höhepunkt eines Trends: Die zunehmende Dominanz chinesischer Spieler auf der internationalen Snookerbühne. Zwar gehören aktuell noch vor allem Briten zur absoluten Weltspitze – fünf der Top-Spieler stammen aus dem Vereinigten Königreich –, doch mit Zhaos Sieg wird die internationale Machtverteilung neu gemischt. Zehn chinesische Spieler hatten sich 2025 für die TV-Runden der Weltmeisterschaft qualifiziert, ein neuer Rekord.

Der Vergleich mit Ding Junhui, dem bisherigen Aushängeschild des chinesischen Snookers, liegt nahe. Als Ding 2005 die China Open gewann, war dies ein Impuls für das Interesse am Snooker in China. Doch Dings knapp verpasster WM-Titel 2016 blieb ein unvollendetes Kapitel. Mit Zhao hat China nun nicht nur einen Champion, sondern einen Wegbereiter, wie ihn Sportnationen brauchen.

Einfluss über den Sport hinaus

Zhaos Sieg entfaltet eine Wirkung, die über den Sport hinausgeht. In einem Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern und über 300.000 Snooker-Clubs ist sein Triumph ein Motivationsschub für eine ganze Generation junger Talente. Schulen und Akademien im Land integrieren Snooker zunehmend in ihre Programme. „Ich habe gesehen, wie Kinder um 9 Uhr morgens ihre Handys abgeben und den ganzen Tag neben Mathe und Englisch auch Snooker trainieren“, sagte Matt Huart von der WPBSA.

Sein Erfolg könnte auch kommerzielle Türen öffnen. Zhao hat das Potenzial, zu einem der größten Sportstars Chinas zu werden – in einer Liga mit Tischtennisspielern, Olympioniken und E-Sport-Ikonen. Der Titelgewinn wurde in China auf dem Sportsender CCTV5 übertragen, mit bis zu 150 Millionen erwarteten Zuschauern. Bereits heute stammen mehr als 50 Prozent der weltweiten Snooker-Zuschauer aus dem Reich der Mitte.

Mit Zhao beginnt eine neue Ära

Für China ist Zhao mehr als ein Weltmeister – er ist das Gesicht einer neuen Snooker-Ära. Seine Geschichte vom gesperrten Spieler zum gefeierten Champion zeigt, wie schnell sich Karrieren im Profisport wenden können. Und sie zeigt, welche Rolle individuelle Leistungen im Kontext nationaler Ambitionen spielen können.

Wie Zhao selbst nach dem Finale sagte: „Das wird den Kindern in China Kraft geben.“ Seine Botschaft ist klar: Der Weg an die Weltspitze steht auch anderen offen. Der Funke ist gezündet – und es ist nur eine Frage der Zeit, bis weitere chinesische Spieler ihm folgen.