Die jüngsten Leistungen zeigen: Alter ist für diese drei kein Hindernis. Mark Williams, gerade 50 geworden, zog mit einem dramatischen Sieg über John Higgins ins Halbfinale der Weltmeisterschaft ein – ein Match, das BBC-Kommentator John Virgo schlicht „zum Genießen“ erklärte. Beim 13:12 über seinen langjährigen Rivalen entschied letztlich die schwarze Kugel – ein epischer Showdown, fast 40 Jahre nach dem berühmten "Black Ball Finale" von 1985.
Doch dies war kein nostalgisches Intermezzo – es war moderner Hochleistungssport. Williams, scheinbar geschlagen bei 1:5-Rückstand, kämpfte sich mit Präzision, Nervenstärke und purem Willen zurück. Auch Higgins, der im Anschluss anerkennend von Williams als „großartigem Champion“ sprach, erkannte die historische Dimension des Moments: „Wie können wir immer noch hier sein?“, fragte er rhetorisch – und die Antwort liegt in der schlichten Tatsache, dass sie es können, weil sie es wollen.
Diese „goldene Generation“ hat sich mit einem schier unermüdlichen Hunger im Profizirkus gehalten. Ronnie O’Sullivan, mit sieben WM-Titeln der erfolgreichste des Trios, jagt nicht mehr Trophäen – sondern Perfektion. Auch er steht in Sheffield in der Vorschlussrunde, und ein rein „veteranenhaftes“ Finale zwischen zwei Vertretern der „Class of ’92“ scheint mehr als nur ein romantisches Gedankenspiel.
Die Geschichte von Williams, Higgins und O’Sullivan ist auch eine Geschichte von Freundschaft, Rivalität und gemeinsamer Reifung. Schon als Teenager standen sie sich bei Juniorenturnieren gegenüber, und ihre Karrieren blieben über drei Jahrzehnte eng verflochten. „Normalerweise wird man mit zunehmendem Alter schlechter“, scherzt Williams, „aber irgendwie halten wir uns wie ein übler Geruch in der Nase.“
Trump sieht O'Sullivan und Co. "weit von Karriereende entfernt"
Ken Doherty, Weltmeister von 1997, bringt es auf den Punkt: „Wir werden solche Spieler vielleicht nie wieder sehen.“ Für ihn, wie für viele andere ehemalige Profis, ist das verblüffende Durchhaltevermögen des Trios ein Rätsel – und ein Vorbild zugleich. Wo viele seiner Generation der Belastung, der Familienverantwortung oder dem nachlassenden Ehrgeiz erlegen sind, spielen Williams, Higgins und O’Sullivan weiterhin auf Weltniveau. Es ist nicht nur Talent, sondern auch mentale Widerstandskraft – ein oft unterschätztes Element im Spitzensport.
Selbst die junge Generation zollt Respekt. Judd Trump, der im Halbfinale nun auf Williams trifft, sieht in den „alten Herren“ keine Schatten der Vergangenheit, sondern Inspiration: „Sie sind noch weit von ihrem Karriereende entfernt“, sagt er, „und nicht weit von ihrer Bestform.“
Die Snooker-WM 2025 könnte also nicht nur einen neuen, sondern einen alten Champion feiern. Sollte Williams oder O’Sullivan den Titel erringen, würden sie als älteste Sieger der Moderne in die Annalen eingehen – und O’Sullivans eigenen Altersrekord aus dem Jahr 2022 übertreffen.
Doch unabhängig vom Ausgang bleibt schon jetzt festzuhalten: Diese Snooker-Legenden liefern nicht bloß Sport, sondern Geschichte – live, im Hier und Jetzt. Die Klasse von 1992 zeigt uns, dass sportliche Größe kein Verfallsdatum kennt. Und dass man manche Dinge nicht verstehen muss – man darf sie einfach genießen.