Der österreichische Pionier: Florian Nüßle vor Debüt auf der World Snooker Tour

Florian Nüßle hat sich die Tour Card für die kommenden zwei Jahre gesichert.
Florian Nüßle hat sich die Tour Card für die kommenden zwei Jahre gesichert.MB Media Solutions/Alamy/Profimedia
Der große Durchbruch des Snooker in Österreich ist bislang ausgeblieben, doch das könnte sich schon bald ändern. Wenn am 30. Juni in Leicester die Championship League 2025, ist Florian Nüßle als erster österreichischer Profi bei einem WST Main Tour-Event dabei. Der Weg nach oben führte das Multitalent Nüßle über viele sportliche Interessen zum Snooker. Heute träumt der 23-Jährige von ähnlichen Erfolgen wie sein großes Idol Ronnie O'Sullivan.

„Er war der Erste, den ich im Fernsehen gesehen habe“, erinnert sich Nüßle im Interview mit Sport Austria. „Durch seine Art und Können schafft er es, Snooker leichter aussehen zu lassen wie kein anderer. Ich habe extrem viel von ihm gelernt.“

Immerhin könnte man den gebürtigen Grazer mit einem kleinen Augenzwinkern seit einigen Jahren als den österreichischen Ronnie O'Sullivan bezeichnen. Mit 16 war Florian Nüßle bereits das Maß aller Dinge in der Heimat: Er gewann die nationalen Titel in der allgemeinen Klasse, der U21 und der U16. Sein Ziel: der Sprung auf die professionelle World Snooker Tour – ein historisches Unterfangen für einen Spieler aus Österreich.

Snooker-Ass Nüßle als sportliches Multitalent

Doch der Weg dorthin war steinig. Immer wieder scheiterte er knapp, oft nur ein Spiel entfernt vom großen Durchbruch. Besonders bitter war das Aus in der Q School 2023, als er nach starker Aufholjagd im entscheidenden Match gegen Dean Young mit 3:4 verlor. Tränen flossen. Zweifel keimten auf.

Zweifel, die sich auch auf die große Entscheidung bezogen, die Nüßle früh in seinem Leben treffen musste. Geboren und aufgewachsen in der Steiermark war Nüßle von Kindesbeinen an ein sportliches Multitalent. Fußball, Golf und Snooker – in allen drei Disziplinen zeigte er außergewöhnliches Talent. Besonders im Fußball zeichnete sich eine aussichtsreiche Laufbahn ab: Zwischen seinem fünften und elften Lebensjahr spielte er für Sturm Graz. Doch eine Lungenkrankheit zwang ihn zur Aufgabe. Auch im Golf schien der Weg vorgezeichnet: Als Mitglied der Junioren-Nationalmannschaft stand ihm eine vielversprechende Karriere offen – doch das intensive Trainingspensum ließ sich kaum mit anderen Interessen vereinen.

Blieb also Snooker – die stillste und zugleich anspruchsvollste der drei Sportarten. Und diejenige, in der Nüßle die größten Erfolge verzeichnete. Schon mit fünf Jahren vom Spiel fasziniert, nachdem er es gemeinsam mit seinem Vater im Fernsehen entdeckt hatte, entwickelte sich eine Leidenschaft, die ihn nicht mehr loslassen sollte. Mit elf begann er, Turniere zu spielen – und zu gewinnen. Als es an der Zeit war, sich endgültig zu entscheiden, wählte er Snooker. Ein mutiger Schritt in einem Land, das bislang kaum Berührung mit dem Profizirkus dieser britisch geprägten Sportart hatte.

Das Spiel fasziniert mich bis in die komplexesten Einzelheiten", so Nüßle über Snooker. Man müsse lernen, "seine Konzentration über einen langen Zeitraum hochzuhalten und seine Emotionen in Schach zu halten".

Nüßle: "Habe mir selbst bewiesen, dass ich gut genug bin"

Im März 2025 dann endlich der Durchbruch: Bei den WPBSA Q Tour Global Play-Offs in der Türkei spielte sich Nüßle mit souveränen Siegen ins Finale – und triumphierte dort eindrucksvoll mit einem 10:3-Erfolg gegen Andres Petrov. Krönender Abschluss: ein Century Break von 108 Punkten. Mit diesem Sieg sicherte sich Nüßle nicht nur die langersehnte Tourkarte, sondern schrieb auch österreichische Sportgeschichte.

Es war eine riesige Erleichterung“, sagt er nun im Gespräch mit der WST. „Ich habe mir selbst bewiesen, dass ich gut genug bin.“ Und mehr noch: Der Wahl-Salzburger betritt die Tour nicht als Neuling im Haifischbecken. Bereits zuvor hatte er bei Einladungsturnieren Duftmarken gesetzt – unter anderem mit einem Viertelfinaleinzug beim prestigeträchtigen Snooker Shoot Out, wo erst Superstar Mark Selby Endstation bedeutete.

Heute trainiert Nüßle meist allein in Österreich, reist jedoch vor den Turnieren nach Großbritannien, um sich mit anderen Profis zu messen. Trotz des Erfolgs bleibt er bodenständig – ein gelegentliches Golfspiel gehört immer noch zu seinem Alltag. Doch seine Konzentration gilt nun voll und ganz der Profikarriere. Sein kurzfristiges Ziel: sich in den Top 64 der Welt zu etablieren und die Tourkarte zu behalten. Sein Traum: Turniere gewinnen.