Karriere mit Höhen und Tiefen: Ex-DFB-Boss Niersbach wird 75 – "Kommt mir surreal vor"

Wolfgang Niersbach feiert am Sonntag seinen 75. Geburtstag.
Wolfgang Niersbach feiert am Sonntag seinen 75. Geburtstag.ALEXANDER HASSENSTEIN / GETTY IMAGES VIA AFP

Gefeiert wird zwar in der Hauptstadt, doch nur im kleinen Kreis mit den beiden Töchtern und den beiden Enkelkindern. "Große Partys hatte ich zu genüge", sagte Wolfgang Niersbach dem SID mit Blick auf seinen 75. Geburtstag, den er am Sonntag bei der Familie in Berlin verbringt. Dem großen Rummel hat der frühere Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ohnehin abgeschworen, seit einigen Jahren genießt er das Rentnerdasein in seiner bayerischen Wahlheimat.

"Ich fühle mich sehr wohl in München. Hier bleibe ich auch. Ich wohne mitten in der Stadt, mit der U-Bahn sind es fünf Minuten zum Marienplatz", sagte Niersbach, dem es gesundheitlich trotz einer Blinddarm-Operation zuletzt gut geht. Der Jubilar nutzt seine Zeit für jede Menge Sport (Tennis und Golf) sowie den ein oder anderen Urlaub in der Sonne. So ist Weihnachten auf Fuerteventura schon gebucht: "Langweilig ist mir nicht."

Beim Blick auf das fortschreitende Alter plagen Niersbach aber trotz allem gemischte Gefühle. "Die Zahl 75 ist ein Fakt. Aber es kommt mir surreal vor", sagte der frühere Sportjournalist: "Mir geht es dennoch gut, ich kann mich nicht beklagen und nur dankbar dafür sein."

Niersbach als "Schönwetter-Präsident"?

Dankbar wäre Niersbach sicher auch, wenn er dauerhaft aus den Schlagzeilen verschwinden würde. Im Frühjahr füllte die Trennung von seiner Frau die bunten Blätter, davor stand er als Angeklagter im Sommermärchen-Prozess um die dubiosen Geldflüsse rund um die WM 2006 im Fokus.

Im August 2024 schied Niersbach gegen die Zahlung von 25.000 Euro aus dem Verfahren aus, im Januar 2025 wurde er noch einmal als Zeuge verhört. Richterin Eva-Marie Distler ließ danach kein gutes Haar an Niersbach: "Seine Ausführungen waren als peinlich zu bezeichnen und eines ehemaligen DFB-Präsidenten unwürdig." Theo Zwanziger, sein Vorgänger im Amt und Mitangeklagter, bezeichnete Niersbach als "Schönwetter-Präsidenten".

Die Narben des Prozesses sind bei Niersbach noch immer nicht verheilt. "Die WM war in so vielfältiger Weise ein großartiges Ereignis und hat 155 Millionen Euro Gewinn gebracht. Ich habe den Finanzexperten immer vertraut - und neun Jahre später steht man als Angeklagter vor Gericht. Der Prozess war eine extrem starke Belastung", sagte der Ex-Funktionär, der die Verbandsarbeit dennoch nicht missen möchte: "Meine 27 Jahre beim DFB waren fantastisch. Das ist, was letztlich bleibt."

Vor seiner Zeit als Verbandsboss prägte Niersbach den DFB als Pressechef und Generalsekretär. Doch nach dreieinhalb Jahren an der Spitze inklusive des WM-Triumphs 2014 musste Niersbach am 9. November 2015 zurücktreten, der Verband versank in eine jahrelange Krise mit diversen Affären, Skandalen und Prozessen. Auch Niersbachs Nachfolger Reinhard Grindel und Fritz Keller mussten ihre Chefposten vorzeitig räumen.

Freundschaften mit Fußball-Legenden

Erst der amtierende Präsident Bernd Neuendorf brachte den DFB wieder in ruhigere Fahrwasser. "Nach all dem, was ich höre und sehe, wird dort eine solide und stabile Arbeit gemacht", kommentierte Niersbach den aktuellen Zustand des Verbands: "Bernd Neuendorf schätze ich sehr, weil er total an der Sache orientiert ist und sich nicht selbst in den Mittelpunkt stellt."

Zu schätzen weiß Niersbach auch, dass "die Freundschaften aus dem Fußball geblieben sind". Dabei nennt der gebürtige Rheinländer vor allem Günter Netzer, Rudi Völler, Lothar Matthäus und die Verantwortlichen des FC Bayern: "Da sind einige dabei, die ich Tag und Nacht anrufen könnte, wenn ich Hilfe bräuchte".