Zwischen Zweifeln und Zuversicht: Wo steht das DHB-Team?

DHB-Kapitän Johannes Golla
DHB-Kapitän Johannes GollaČTK / imago sportfotodienst / Eibner-Pressefoto/Marcel von Fehrn
Wo steht das DHB-Team inmitten des selbst ausgerufenen Jahrzehnts des Handballs? Zwei Jahre vor der Heim-WM gibt es Grund zur Skepsis, aber auch viel Zuversicht.

So schwer es fiel, zumindest etwas Positives gewann Johannes Golla dem WM-Finalwochenende auf der Couch ab. "Ich freue mich sehr auf meine Familie und meine Kinder", sagte der Kapitän von Deutschlands Handballern. Doch auch beim Krafttanken im Kreise der Liebsten dürfte dem DHB-Anführer und seinen Kollegen das vorzeitige Ende aller WM-Träume natürlich noch in den Knochen stecken.

Während die Bundesliga mit dem Wiederbeginn in der kommenden Woche bereits ihre Schatten vorauswirft, läuft in Handball-Deutschland die Aufarbeitung einer Weltmeisterschaft, die kaum als ein Erfolg in die Geschichte eingehen dürfte.

Ein halbes Jahr nach Olympia-Silber wurde das Team von Bundestrainer Alfred Gislason den gestiegenen Ansprüchen nicht gerecht. Doch ist zwei Jahre vor der Heim-WM nun Panik angesagt?

Bundestrainer Alfred Gislason
Bundestrainer Alfred GislasonČTK / DPA / Soeren Stache

Ingo Meckes beschwichtigt. "Die Achse", sagt der DHB-Sportvorstand mit Blick auf Leistungsträger wie Golla, Juri Knorr, Julian Köster oder Renars Uscins, "kann die Mannschaft noch jahrelang tragen". Der Sportchef sieht eine "große Chance für die Zukunft".

Sportvorstand sieht positive Entwicklung

Dass Potenzial und ein durch die Sommerspiele entwickeltes neues Selbstverständnis allein nicht zum Erfolg führen, müssen aber auch die DHB-Spitze und Gislason erkennen.

"Natürlich wird sich Alfred jetzt Gedanken machen müssen, welche Schlüsse wir für die Zukunft aus diesem Turnier ziehen", sagte Meckes der Sportschau und gab dem Isländer im selben Atemzug Rückendeckung: "Ich persönlich bewerte aber eher das ganze Handball-Jahr mit EM-Platz vier und Olympia-Silber."

Die WM ein Schönheitsfehler auf dem nachhaltigen Weg in die Weltspitze, so lautet die Hoffnung des Verbandes in dem von ihm selbst ausgerufenen "Jahrzehnt des Handballs".

Kurzfristig wird die Frage sein, wie der Rückschlag von Oslo aufgearbeitet wird, wenn das Team im März im Rahmen der EM-Qualifikation mit einem Doppelpack gegen Österreich wieder zusammenkommt. Baustellen gibt es zweifellos.

Vor allem das Tempospiel ließ bei den zähen Auftritten in Dänemark und Norwegen zu wünschen übrig. Das deutsche Spiel bot mehr Krampf als Glanz. Immer wieder waren außergewöhnliche Leistungen der Torhüter Andreas Wolff und David Späth nötig, um im Spiel zu bleiben. Der Verlängerungs-Krimi gegen die Portugiesen hätte ohne Wolff und dessen 21 (!) Paraden in einem sportlichen Desaster enden können.

"Auf den meisten Positionen sehr gut besetzt"

Dazu fehlte auf manchen Positionen wie hinter Shootingstar Uscins im rechten Rückraum die Breite. Weitere Spieler der zweiten Reihe, Marko Grgic, Nils Lichtlein oder Justus Fischer, fanden nur mühsam ins Turnier – erhielten allerdings auch vergleichsweise wenig Chancen.

"Wir müssen schauen, was wir in den nächsten Monaten machen können. Wir sind auf den meisten Positionen sehr gut besetzt. Es ist eine große Sorge, wenn wir zwei angeschlagene Rückraumspieler auf Rückraum rechts haben und dahinter momentan nichts zu sehen ist, was uns hilft", sagte Gislason.

Als Franz Semper in der Hauptrunde verletzt ausfiel, verzichtete der 65-Jährige bewusst auf eine Nachnominierung. "Das ist keine Sache, die wir sehr schnell lösen können."

Und dennoch: Die Grundvoraussetzungen bleiben gleich - und unter dem Strich gut. Der Umbruch, der unter Gislason vollzogen wurde, bildet weiter eine vielversprechende Basis. Eine, die mehr wert ist als WM-Platz sechs. Der Isländer selbst prophezeite seinem Team vor dem Turnier eine "Riesenzukunft", er ist nun gefordert, diese bis zum EM-Turnier in einem Jahr weiter zu gestalten.