"Notti Magiche" in Herning: Italien schreibt Handballmärchen

Domenico Ebner spielt seit 2017 für die italienische Handball-Nationalmannschaft.
Domenico Ebner spielt seit 2017 für die italienische Handball-Nationalmannschaft.IPA / Sipa Press / Profimedia
Italiens Handballer schreiben bei der WM ein Wintermärchen. Zwei Siege bei einem Turnier? Gab es für den designierten deutschen Hauptrundengegner noch nie.

Nach ihrem historischen WM-Erfolg waren Italiens Handballer außer Rand und Band. Domenico Ebner hüpfte mit seiner azurblauen Rasselbande wild jubelnd über das Parkett, die Spieler lagen sich überglücklich in den Armen und ließen sich vom dänischen Publikum feiern.

"Zwei Siege sind gleichbedeutend mit der besten italienischen Nationalmannschaft, die jemals bei einer WM war", sagte Ebner mit feuchten Augen am ARD-Mikrofon. Der Leipziger Bundesliga-Torhüter war ganz ergriffen nach der nächsten "Notti Magiche", dieser magischen Nächte, die sein Team gerade in Herning erlebt.

Historische Nacht für Italiens Handball

Mit dem 32:23 (19:13) gegen Algerien schrieben Ebner und Co. gleich doppelt Geschichte: Zwei Siege bei einem großen Turnier waren einer italienischen Handball-Nationalmannschaft bislang ebenso wenig gelungen wie der Einzug in die Hauptrunde, wo die Azzurri in der kommenden Woche ums Viertelfinale spielen und unter anderem wohl auf Deutschland treffen. 

"Es ist einfach schön, die Jungs machen Spaß", sagte Ebner: "Wenn man gesehen hat, wie wir gefeiert haben, das ist wie eine Familie. Ich bin froh, Teil dieser Mannschaft zu sein." Zusammen mit den Fans erlebe man dieser Tage "so ein bisschen Dolce-Vita-Feeling hier in Dänemark".

Bei der bis dato einzigen WM-Teilnahme 1997 gelang genau ein Sieg, am Ende sprang der respektable 18. Platz von 24 Teams heraus. Nun, 28 Jahre später, dürfte es in der Rangliste weiter nach oben gehen. Möglich macht das italienische Handballmärchen jahrelange harte Arbeit und eine spannende Mannschaft mit Perspektive. "Der italienische Handball lag am Boden, in den letzten acht Jahren ist so viel passiert", sagte Ebner und lobte den Verband für seine Aufbauarbeit.

Junger Kader bereit für mehr

Ebner, der gegen Algerien in der ersten Halbzeit 50 Prozent aller Würfe parierte, gehört mit seinen 30 Jahren zu den Routiniers im Team. Der Keeper ist in Freiburg im Breisgau geboren und entschied sich 2017, als die Anfrage des italienischen Verbands kam, für das Heimatland seiner Mutter aufzulaufen. Knapp zwei Drittel der Spieler im WM-Kader aber ist 26 oder jünger - und dürfte demnächst noch häufiger von sich Reden machen.

Leo Prantner, 23 Jahre alter Rechtsaußen des Zweitligisten Balingen, ist so einer. Gegen Algerien versenkte der Jungspund sieben seiner neun Würfe. Oder der 26 Jahre alte Rückraumspieler Giacomo Savini, der in Bologna seinem Hobby nachgeht. "Es ist ein Traum, es ist großartig für uns, hier zu sein", sagte Savini dem Online-Portal stregspiller. "Endlich", so der Lockenkopf glücklich, "ist die Zeit gekommen, an internationalen Wettbewerben wie diesem teilzunehmen, mit unserem Trikot, und es ist alles wirklich großartig".

28 Jahre wartete der Handball-Zwerg auf einen WM-Punktgewinn, nun steht der krasse Außenseiter nach zwei Spielen schon bei vier. Und mit dem letzten Vorrundenspiel gegen Dänemark wartet am Samstagabend (20.30 Uhr/Sportdeutschland.TV) schon das nächste Highlight auf Italiens Himmelsstürmer von Nationaltrainer Riccardo Trillini. "Für uns ist es ein Traum, ein Spiel wie dieses zu bestreiten", sagt Savini. Seine Augen leuchten.