Den grauen Haaren zum Trotz: Rory McIlroy will den Heimsieg bei der British Open

Rory McIlroy auf seiner Trainingsrunde am Dienstag.
Rory McIlroy auf seiner Trainingsrunde am Dienstag.ANDY BUCHANAN / AFP
Die Sache mit den Haaren bereut der Ex-Lockenkopf. "Na ja, bekanntlich werde ich immer grauer. Da dachte ich dummerweise, wenn ich sie kurz schneiden lasse, sieht man es weniger", kommentierte Rory McIlroy mit einem gewaltigen Schuss Selbstironie seinen neuen Look: "Das ging nach hinten los. Aber das Gute ist, dass die Haare wachsen - und bis zum Ryder Cup im September haben sie wieder die richtige Länge."

Der prestigeträchtige Vergleich zwischen den besten Golfern der USA und Europas ist allerdings erst der übernächste Höhepunkt. Zuvor steht ab Donnerstag (7.30 Uhr MESZ/Sky) das letzte Major des Jahres auf dem Programm. Und vor der 153. British Open auf dem malerischen Kurs Royal Portrush an der nordirischen Küste dreht sich alles um den einheimischen Superstar. Fast jeder der knapp 300.000 erwarteten Fans will McIlroy siegen sehen.

Das war schon einmal so. Doch als der "Champion Golfer of the Year" zuletzt vor sechs Jahren in Portrush gesucht wurde, zerschellte McIlroy am Druck und verpasste den Cut.

"Ich erinnere mich noch an den Applaus vor dem ersten Abschlag und daran, wie ich nicht auf die bevorstehenden Gefühle vorbereitet war", sagte der mittlerweile 36-Jährige beim Blick zurück: "Ich dachte: 'Diese Leute wollen unbedingt, dass ich gewinne.' Das hat gewaltig Druck bei mir ausgelöst, weil ich die Leute nicht enttäuschen wollte."

"Diesen Kampf meistern"

Diesmal will es McIlroy beim ältesten Golfturnier der Welt besser machen. "Es macht wohl mehr Sinn, die Aufmerksamkeit einfach zu akzeptieren, weil es schön ist, Bewunderung annehmen zu können - auch wenn es mir manchmal schwerfällt", äußerte der Weltranglistenzweite: "Eine meiner Herausforderungen wird sein, diesen Kampf zu meistern."

Es sind authentische Aussagen wie diese, die McIlroy zum weltweit größten Sympathieträger seiner Sportart machen. Und es sind die menschlichen Schwächen des fünfmaligen Majorsiegers, die ihn so beliebt machen. Während der Weltranglistenerste Scottie Scheffler (USA) seit Monaten ein Top-Resultat nach dem anderen abliefert, konnte sich McIlroy erst in der vergangenen Wochen mit dem zweiten Platz bei der Scottish Open aus seinem lang anhaltenden Tief befreien.

Ganz offen gab McIlroy zu, dass er nach seinem Triumph im April beim Masters in ein Loch gefallen ist. Über ein Jahrzehnt war der Nordire dem Eintrag in die Geschichtsbücher hinterhergelaufen. Nachdem er als sechster Profi der Historie den Karriere-Grand-Slam geschafft hatte, war die Motivation weg. Weder bei der PGA Championship noch bei der US Open hatte McIlroy etwas mit den vorderen Plätzen zu tun.

Doch beim Kampf um den begehrten silbernen Pokal, den Claret Jug, will McIlroy ein Wörtchen mitreden. "Vor allem die Leistung in Schottland hat mich ermutigt", sagte er: "Ich fühle mich gut aufgestellt."

Während die beiden Deutschen Stephan Jäger und Matti Schmid am Donnerstag ohne realistische Siegchance in den Wettkampf starten, wird es für McIlroy am Nachmittag ernst - die Tee-Time für seinen Flight mit Ryder-Cup-Größen Justin Thomas (USA) und Tommy Fleetwood (England) ist 16.10 Uhr.

Vor der erwarteten Auseinandersetzung mit Scheffler, Titelverteidiger Xander Schauffele (USA) und den etwa zehn anderen Mitfavoriten sollte McIlroy vielleicht daran denken, dass er bereits als 16-Jähriger die beste Runde der Geschichte in Portrush (61 Schläge) gespielt hat. Damals noch als Lockenkopf - ohne ein graues Haar.