Restart im "Sommermärchen-Prozess" - Zwanziger erwartet Freispruch

Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger muss sich erneut vor Gericht verantworten.
Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger muss sich erneut vor Gericht verantworten.Profimedia
In der Sommermärchen-Affäre startet ein neuerlicher Prozess gegen frühere hochrangige DFB-Funktionäre. Theo Zwanziger und Co. geben sich siegessicher.

Das Strafverfahren in der Schweiz wegen Verjährung längst eingestellt, wichtige Zeugen für die dubiose Millionenzahlung bereits verstorben - und gar Uneinigkeit innerhalb der deutschen Justiz: Dennoch kommt es in der "Sommermärchen-Affäre" zum Restart vor dem Frankfurter Landgericht. Knapp 18 Jahre nach der WM 2006 müssen sich die früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie der langjährige DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt ab Montag vor der Zweiten Großen Wirtschaftskammer verantworten.

Zwanziger hat "keine Angst vor der Wahrheit" und erwartet Freispruch 

Unter Aktenzeichen 5/2 KLs 11/18 - 7550 Js 242375/15 droht (mal wieder) ein zäher und wohl finaler Justizmarathon, bis zum 28. Oktober sind 24 Verhandlungstage angesetzt - mit Option auf Verlängerung. Die Beschuldigten geben sich vor dem für 10.00 Uhr in Saal I angesetzten Prozessauftakt siegessicher. Die öffentlichkeitswirksame Hauptverhandlung sei "die große Chance, dass endlich die Wahrheit auf den Tisch kommt. Und vor dieser Wahrheit habe ich keine Angst", sagte Zwanziger dem SID.

Seine Kollegen und er würden seit über acht Jahren "mit Spekulationen und zum Teil völlig falschen Verdächtigungen überzogen". Es habe "nie einen Sommermärchen-Skandal gegeben", ergänzte er gegenüber der Rhein-Zeitung: "Der Tatvorwurf ist unsinnig." Die Hauptverhandlung werde ergeben, "dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in der Sache unzutreffend sowie rechtlich haltlos sind", teilten die Verteidiger von Niersbach ebenso in einer Stellungnahme mit. Am Ende könne "nur ein Freispruch" stehen.

Die Staatsanwaltschaft legt dem einst mächtigen DFB-Trio "Hinterziehung bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2006" zur Last. Das Verfahren wird fortgesetzt, nachdem das Oberlandesgericht Frankfurt im Mai den Einstellungsbeschluss des Landgerichts vom 27. Oktober 2022 aufgehoben hatte. Das Landgericht hatte das Verfahren mit Blick auf das "Doppelbestrafungsverbot" eingestellt.

Verdacht auf Betrug und schwere Steuerhinterziehung

Gegen Niersbach, Zwanziger und Schmidt war nämlich zuvor bereits ein wegen "Betrugs" eingeleitetes Strafverfahren in der Schweiz aufgrund von Verjährung eingestellt worden. Diesmal geht es im Zusammenhang mit den als Betriebsausgabe für eine Gala deklarierten 6,7 Millionen Euro laut Anklage um "Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall", da diese nicht habe als "steuermindernd" verbucht werden dürfen. Beinahe wäre der Prozess allerdings kurz vor dem Auftakt noch gestoppt worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte offenbar Angebote zur Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage unterbreitet - aber nur für Niersbach und Schmidt. Diese sollen bei Beträgen von 58.000 und 100.000 Euro eingewilligt haben. Die Zustimmung sei nur erfolgt, "um die Belastungen einer sich über Monate hinziehenden öffentlichen Hauptverhandlung zu vermeiden und nicht etwa, weil er eine Verurteilung fürchtet. Ein Schuldeingeständnis ist in der Zustimmung daher nicht zu sehen", schrieben Niersbachs Anwälte.

Doch die zuständige Richterin ließ den Deal wegen mangelnder Fairness platzen. Schließlich war Zwanziger zunächst kein Angebot unterbreitet worden, wohl weil der in den vergangenen Jahren gerne mal öffentlich seine kritische Meinung zum Verfahren kundtat.

Dem DFB dürfte die Durchführung des Prozesses durchaus gelegen kommen, schließlich war wegen der mutmaßlich zu Unrecht als Betriebsausgabe verbuchten 6,7-Millionen-Überweisung die Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 aberkannt worden. Der finanziell angeschlagene Verband hofft je nach Prozess-Ausgang auf eine Rückzahlung von rund 22 Millionen Euro. Generell scheinen die Chancen auf Erkenntnisgewinn im neuerlichen Prozess überschaubar, die Ermittlungen zu den Geldflüssen der Heim-WM 2006 ziehen sich schon mehrere Jahre hin.

Einige Hauptzeugen wie der damalige OK-Chef Franz Beckenbauer, dessen ehemaliger Manager Robert Schwan oder Robert Louis-Dreyfus sind mittlerweile verstorben. Die ominösen 6,7 Millionen Euro waren 2005 vom deutschen WM-Organisationskomitee über die FIFA mutmaßlich an den früheren adidas-Chef Louis-Dreyfus überwiesen worden. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den früheren FIFA-Funktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen.

Es bleibt sehr fraglich, ob es überhaupt jemals eine vollständige Aufklärung der dubiosen Millionenzahlung geben wird.