Nationalmannschaft: Wie weit sind Anspruch und Wirklichkeit auseinander?

Das DFB-Team wurde gegen Nordirland teilweise ausgebuht
Das DFB-Team wurde gegen Nordirland teilweise ausgebuhtSports Press Photo, SPP Sport Press Photo. / Alamy / Profimedia
Drei geschlagene Halbzeiten ließen die DFB-Stars ihre ungeduldigen Fans warten. Drei Halbzeiten, in denen die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit meilenweit auseinanderklaffte, in denen die Mängel in der Mentalität, aber auch der Qualität der derzeitigen Nationalelf schonungslos offengelegt wurden. Und erst, als das DFB-Team mit dem Rücken zur Wand stand, gelang doch noch die Erlösung. In den letzten 30 Minuten gegen Nordirland blitzte auf, was möglich sein kann.

30 überzeugende Minuten, gegen die Slowakei und Nordirland, die Nummer 52 und 71 der Welt, reichen nicht ansatzweise, um das tollkühne Weltmeister-Ziel aufrechtzuerhalten. Das weiß auch Bundestrainer Julian Nagelsmann. Die Pfiffe zur Pause waren gerechtfertigt: zu leblos, zu harmlos, zu enttäuschend hatte sich die ambitionierte deutsche Auswahl bis dahin präsentiert. Nagelsmann wollte Schritte nach vorne machen, die Entwicklung forcieren, so war jedenfalls der Plan. Die Zeit bis zur WM im kommenden Jahr drängt schließlich. Am Ende brauchte es Schadensbegrenzung.

Eine Erkenntnis der vergangenen Tage kann lauten: Mentalität schlägt Qualität, der Bundestrainer sollte auf diejenigen setzen, die brennen - ganz gleich, ob es gegen Nordirland, die Slowakei oder echte europäische Schwergewichte geht. Und diejenigen, die sich über Leistung in den Klubs hervortun. Nur so hält Nagelsmann den Druck hoch, nur so ruht sich niemand aus, nur so können auch die Fans wieder ins Boot geholt werden. Auch wenn das Einspielen dabei mitunter auf der Strecke bleiben könnte.

WM-Titel in weiter Ferne

Selbst eine Rückkehr des schmerzlich vermissten Jamal Musiala wird nicht alle Probleme lösen, das gilt auch für Marc-André ter Stegen, dessen Zukunft ohnehin ungewiss ist. Der Mannschaft fehlt es an Führung, es reicht nicht aus, wenn Joshua Kimmich vorangeht, andere "Chefs" wie Antonio Rüdiger aber mehr mit sich selbst zu kämpfen haben.

Auf der Schlussphase gegen die Nordiren lässt sich immerhin aufbauen, mit einer solchen Leistung dürfte die Qualifikation für das Turnier in den USA, Kanada und Mexiko nicht weiter in Gefahr geraten. Vom WM-Titel, das sollte spätestens jetzt allen klar sein, muss vorerst aber niemand mehr sprechen.