DFB-Trainer Nagelsmann äußert WM-Wunsch: Nicht immer "bei Null" anfangen

Julian Nagelsmann will die deutsche Nationalmannschaft langfristig stabilisieren.
Julian Nagelsmann will die deutsche Nationalmannschaft langfristig stabilisieren.FEDERICO GAMBARINI / dpa Picture-Alliance via AFP
Als "Schutt und Asche" mühsam zusammengekehrt und die gellenden Pfiffe endlich verhallt waren, schickte Julian Nagelsmann seine DFB-Stars um Topjoker Nadiem Amiri mit einer eindringlichen Botschaft in die Kölner Nacht. Dieses hart erkämpfte 3:1 (1:1) gegen Nordirland, die Schadensbegrenzung nach der Blamage von Bratislava, müsse nun der "Startpunkt" sein, "um weiter nach vorne zu marschieren und nicht zurück", betonte der erleichterte Bundestrainer. Denn: "Wenn wir immer wieder bei Null anfangen, wird es schwierig, sich zu entwickeln."

Nagelsmann redete seinen angeschlagenen Spielern, deren wahres "Gesicht" er an diesem Abend in Müngersdorf zumindest phasenweise zu erkennen glaubte, ins Gewissen. Durch das Debakel in der Slowakei (0:2), das tiefe Spuren hinterlassen hat, sei dieser Lehrgang nur "zu 50 Prozent zufriedenstellend", monierte der 38-Jährige.

Er forderte unmissverständlich: Der nächste "sollte zu 100 Prozent zufriedenstellend sein". Auch, um die WM-Qualifikation nicht weiter zu gefährden.

Nagelsmann bewies gegen Nordirland zwar ein goldenes Händchen mit seinen Wechseln, als die deutsche Auswahl erneut bedenklich wackelte. Amiri, der "immer auf dem Gaspedal steht", wie der Bundestrainer lobte, punktete dazu nicht nur mit seinem Treffer zum 2:1.

Und dennoch blieben nach dem durchwachsenen Quali-Doppelpack im DFB-Lager in gewisser Weise mehr Verlierer als Gewinner.

Viele Spieler im Formloch

Da wäre Nnamdi Collins, in der Slowakei nach einer Halbzeit erlöst und wohl mit geringen Aussichten für die nahe Zukunft. Aber auch Nick Woltemade, den sein 90-Million-Preisschild zu hemmen scheint und der in Köln bei seiner Auswechslung auch noch ausgepfiffen wurde.

Ebenso Jonathan Tah, der einen Denkzettel des Bundestrainers erhielt. Selbst Nagelsmann, der sich zwischenzeitlich gar Fragen zu seinem Job gefallen lassen musste, nahm einige Kratzer mit.

Das DFB-Team habe in den vergangenen Tagen Erfahrungen gemacht, "die uns lernen lassen". Wichtig sei nun: "Wir dürfen nicht jedes Mal wieder einen Spieltag dabei haben wie am Donnerstag", stellte Nagelsmann in der ARD klar, "weil das hatten wir öfter in den letzten zwei bis zehn Jahren."

Dass das Ergebnis gegen Nordirland der Lichtblick blieb, dessen waren sie sich auch im DFB-Lager bewusst. In der zweiten Halbzeit hätte sich die Mannschaft immerhin dem Fußball genähert, "den wir eigentlich spielen wollen", sagte Leon Goretzka.

DFB-Team erntet Pfiffe zur Pause

Bis dahin hatte der nächste Dämpfer gedroht. Die ernüchternde Vorstellung führte zu einem gellenden Pfeifkonzert der Fans zur Pause. Nagelsmann zeigte "auf der einen Seite Verständnis", äußerte aber "auf der anderen Seite einen Wunsch für etwas anderes".

Wenn "alle wie Hyänen im Busch sitzen und warten, bis man endlich wieder beißen und sagen kann, wie schlecht jemand ist und dass er alles beschissen macht", meinte er, bringe das "den Menschen da unten" nichts.

Das Nationalteam, erklärte Goretzka deshalb, befinde sich in einem Prozess. Einer, das zeigten die beiden Spiele, der längst nicht abgeschlossen ist. Die Brust sei derzeit einfach "nicht breit genug", sagte Goretzka über die gewaltige Verunsicherung nach dem Ausgleich der Nordiren.

"Wir sind einfach nicht so stabil im Moment, dass wir die Leistungen konstant abrufen können. Wir müssen uns jedes Spiel hart erarbeiten."

Nächstes Spiel gegen Luxemburg

Entsprechend gedämpft war die Stimmung des Bundestrainers nach dem wichtigen ersten Qualisieg auf dem Weg zum Mammutturnier im kommenden Jahr in den USA, Kanada und Mexiko.

Nachdem in der Slowakei alles "in Schutt und Asche" gelegen habe, finde er es "ein bisschen vermessen, jetzt auf himmelhochjauchzend zu machen", sagte Nagelsmann, für den es am 10. Oktober in Sinsheim gegen Luxemburg weitergeht: "Wir schauen auf das Momentum und konzentrieren uns auf die Spiele."

Um im Oktober nicht wieder bei Null anfangen zu müssen.