"Die Dinger müssen rein!" - Hat Deutschland wieder ein Stürmerproblem?

Niclas Füllkrug im Zweikampf mit Loic Badé.
Niclas Füllkrug im Zweikampf mit Loic Badé.FRANCK FIFE / AFP
Niclas Füllkrug stützte sich auf das Rednerpult und sprach ohne Umschweife über den Elefanten im Raum. "Die Dinger", sagte der Nationalstürmer über die vielen vergebenen Chancen gegen Frankreich, "die Dinger müssen rein." Punkt. Unbequem, aber die Wahrheit.

Stolze 57 Angriffe und 20 Abschlüsse zählte die offizielle Statistik beim 0:2 (0:1) gegen den Vizeweltmeister im Spiel um Platz drei der Nations League, aber eben: kein Tor. Da konnten sich die Offensivkräfte Füllkrug, Nick Woltemade, Karim Adeyemi, Florian Wirtz sowie die Joker Deniz Undav und Serge Gnabry noch so mühen.

Zum Match-Center: Deutschland vs. Frankreich

Zum Vergleich: Frankreichs Hochgeschwindigkeits-Wirbler um Superstar Kylian Mbappé kamen auf "nur" 40 Angriffe und 16 Abschlüsse, nutzten aber zwei. Hat Deutschland ein Sturmproblem? Ja, meinte der Bundestrainer. "Man hat schon bei der EM gesehen: Wir machen im Verhältnis zu den herausgespielten Chancen zu wenige Tore", sagte Julian Nagelsmann.

Damals wies die UEFA für die DFB-Elf 321 Angriffe und 94 Abschlüsse aus, elf Treffer wurden erzielt. Heißt: 29,3 Prozent der Vorstöße führten zu einer Chance, 11,7 Prozent der Gelegenheiten wurden genutzt. Die Werte von Europameister Spanien (29,9 bzw. 12,2 Prozent) waren auch nur minimal besser. Ist also alles gar nicht so schlimm?

Chancenverwertung "definitiv" problematisch

Doch, meinte Nagelsmann und wies auf einen gravierenden Unterschied hin. "Wir müssen es gegen so ein Top-Team schaffen", sagte er in Stuttgart, "die Dinger über die Linie zu drücken." Gegen Spanien, Portugal und Frankreich, die drei anderen Teilnehmer am Final Four, gab es in den jüngsten Treffen in insgesamt 300 Spielminuten nur zwei Tore. Das Problem, betonte Füllkrug selbstkritisch, sei "definitiv" die Chancenverwertung.

Allerdings fehlten bei der so enttäuschenden Mini-EM auch und gerade in der Offensive Säulen wie Jamal Musiala und Kai Havertz, zudem die Neuner Tim Kleindienst und Jonathan Burkardt. Mit dem Wühler Woltemade bekam Nagelsmann ("Er muss auf dem Niveau reifen") aber eine Alternative dazu.

Niclas Füllkrug hatte einen unglücklichen Auftritt.
Niclas Füllkrug hatte einen unglücklichen Auftritt.THOMAS KIENZLE / AFP / Opta by StatsPerform

Andere zeigten klar ihre Defizite wie der bemühte, aber technisch arg limitierte Adeyemi. Oder sind wohl Auslaufmodelle wie der wirkungslose Gnabry und der gegen Frankreich nicht einmal mehr eingesetzte Leroy Sané. Wenn Nagelsmann beklagt, ihm fehlten "klassische Außenstürmer", wie sie Spanien besitze, ist das eine Watschn für das Münchner Duo.

Ein paar positive Ansätze erkannte der Bundestrainer aber doch. "In der Herangehensweise war es gut", lobte er seine Offensive: "Die Positionen waren alle gut, die Raumaufteilung fand ich gut." Aber: "Die Abschlussqualität war einfach nicht gut."

Oder, wie es der Dortmunder "Fußball-Weise" Adeyemi treffend formulierte: "Wenn wir die Tore machen, geht das Spiel anders aus." Und der Elefant verlässt den Raum.