Bundestrainer Nagelsmann warnt: Bloß nicht rumrechnen!

Bundestrainer Julian Nagelsmann (l.) und Kapitän Kimmich (r.)
Bundestrainer Julian Nagelsmann (l.) und Kapitän Kimmich (r.)MARCO BERTORELLO/AFP
Julian Nagelsmann will nicht rechnen, er will ins Final Four. Und er weiß auch, wie.

Wieder Dortmund, wieder Italien - und wieder raus? "Ich bin nicht perfekt in Fußballgeschichte, weil ich noch sehr jung bin", sagte Julian Nagelsmann mit heiserer Stimme nach dem historischen Coup in der "Oper" des Calcio, doch das traurige Kapitel 2006 kennt er gut.

Als damals 18-Jähriger war er auf den Fanmeilen unterwegs, "das war sehr, sehr emotional". Und der K.o. im WM-Halbfinale gegen die Azzurri ein Schock für die ganze vom Sommermärchen berauschte Nation.

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Viertelfinale-Hinspiele der UEFA Nations League im ÜberblickFlashscore

Diesmal soll es im abermals ausverkauften Signal Iduna Park anders kommen – und der Bundestrainer weiß auch, wie. Für den "Geschichtslehrer" Nagelsmann gilt mit Blick auf den erträumten nächsten magischen Heimturnier-Sommer: Fußball ist keine Mathematik!

Was der große Ottmar Hitzfeld einst beim FC Bayern schmerzvoll lernen musste, soll seiner Elf vor dem Wiedersehen mit dem ewigen Angstgegner am Sonntag (20:45/RTL) auf dem Weg ins Final Four der Nations League in Stuttgart und München eine Warnung sein.

Match-Center: Deutschland vs. Italien

Gefährliches Ergebnis

"Aus Trainersicht", meinte Nagelsmann, sei der Triumph von Mailand (2:1)  – der erste in Italien seit 1986 – erst die halbe Miete. "Ein Mathematiker würde sagen: Was ist das für ein Quatsch, weil wir eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, weiterzukommen", gestand er im stickigen Presseraum der Fußball-"Scala".

Dennoch riet Nagelsmann den euphorisierten Fans und der stolzen Mannschaft nach einem entspannten Vormittag mit Training und Regeneration noch in Mailand, bei der Rückkehr in die Heimat gedanklich "wieder bei 0:0 zu starten. Dann müssen wir nicht rumrechnen."

Das Ergebnis sei "gefährlich", rief er Comeback-König Leon Goretzka, Flankengott Joshua Kimmich und Torwartheld Oliver Baumann zu, "ich habe keine Angst, aber es wird spannend".

Der erfahrene Italien-Experte Rudi Völler sekundierte: "Wir sind noch nicht durch!" Die nach dem Viertelfinal-Rückspiel erwartete Vertragsverlängerung des Sportchefs bis 2028 stünde mit dem ersten Einzug ins Finalturnier in noch besserem Licht, also: "Ich will nicht der Mahner sein, aber es steht erst 2:1."

Lob für Goretzka

Die Spieler haben das verinnerlicht. "Wir dürfen jetzt bloß nicht in den Verwaltungsmodus schalten", warnte Kopfballungeheuer Tim Kleindienst, dessen Ausgleich (49.) die Wende eingeleitet hatte. Deshalb will der Bundestrainer Aufstellung und Taktik "anpassen". Er erklärte: "Wir haben ein paar Ideen im Kopf."

Kleindienst dürfte anstelle des fleißigen, aber glücklosen Jonathan Burkardt beginnen, der Dortmunder Nico Schlotterbeck nach seinem starken Joker-Einsatz auf der linken Abwehrseite sein "Heimspiel" bekommen. Als Alternative für Leroy Sané stünde Jamie Leweling bereit.

Ansonsten hat Nagelsmann wenig Anlass zu Veränderungen. Goretzka, eines der prominenten "Opfer" des Neustarts vor einem Jahr, hat sich mit seiner fulminanten Rückkehr samt Siegtreffer (76.) sofort festgespielt. Er genoss eher still. "Es war natürlich nicht einfach, das wurde ja auch hinlänglich berichtet. Ich habe da noch nicht so viel zu gesagt, und dabei werde ich es belassen."

Leon Goretzka war gegen Italien der große Matchwinner
Leon Goretzka war gegen Italien der große MatchwinnerTIZIANO BALLABIO/NurPhoto/NurPhoto via AFP