Doch der Reihe nach. Am Sonntag gelang Fenerbahce zunächst ein komfortabler 2:0-Sieg bei Alanyaspor, wobei Sebastian Szymanski und Neuzugang Anderson Talisca die Tore erzielten.
Nur wenige Stunden später stand das Spiel von Tabellenführer Galatasaray auf dem Programm. Das Ziel der Gastgeber: den Vorsprung auf den Rivalen wieder auf sechs Punkte ausbauen. Eine durchaus lösbare Aufgabe, hieß der Gegner doch Adana Demirspor, Tabellenschlusslicht mit nur fünf Zählern.
Wie erwartet dominierte der zweimalige Titelverteidiger den Gegner und ging bereits in der 12. Minute mit 1:0 in Führung, nachdem Alvaro Morata einen von Dries Mertens herausgeholten Elfmeter verwandelt hatte. 16 Minuten später, in der 29. Minute, dann das Chaos: Die Spieler von Adana verlassen urplötzlich das Spielfeld und weigern sich, weiterzuspielen. Das Spiel wird abgebrochen.
Das Chaos in Istanbul: Das ist geschehen
Was war geschehen? Im Fernsehen wurden Bilder von unzufriedenen Zuschauern auf den Tribünen gezeigt, darunter ein weinendes Kind, das seine Lieblingsspieler nicht mehr sehen konnte. Sie alle hatten ihre Zeit und ihr Geld vergeudet.
Auch beide Teams wirkten ratlos. Den Spielern von Adana Demirspor kann man wohl keine Schuld zuschreiben, denn sie hatten keine andere Wahl - das Kommando kam von oben. Galatasaray wird dagegen die drei Punkte einfahren. Wie sich schnell herausstellte, hatte der Vorsitzende von Adana Demirspor, Murat Sancak, den Trainer angewiesen, die Spieler aus Protest gegen die Elfmeterentscheidung, die 20 Minuten zuvor zugunsten von Galatasaray ausgefallen war, vom Platz zu holen.
Im Gespräch mit dem TV-Sender A Spor sagte er: "Als der Schiedsrichter nach dem Elfmeterpfiff nicht vom VAR kontaktiert wurde, haben wir beschlossen, uns zurückzuziehen. Wir haben es dem vierten Offiziellen gesagt. Der vierte Offizielle hat das Spiel nicht unterbrochen. Es hat 15 Minuten gedauert. Wir haben diese Entscheidung getroffen. Galatasaray hat ihn (den Elfmeter) nicht gebraucht. Heute hätten wir in 99 Prozent der Fälle eine Niederlage einstecken müssen."
Überzogene Reaktion - die nächste?
Das Wichtigste zuerst: Der Elfmeter hätte nicht gegeben werden dürfen. Mertens hat ihn geschindet, nachdem er selbst den Kontakt hergestellt hatte und dann gestürzt war. Der Schiedsrichter entschied auf dem Spielfeld auf Elfmeter, doch die eigentliche Überraschung ist, dass der VAR den Elfmeter nicht annulliert hat. Aber ob dies den Gästen das Recht gibt, das Spielfeld zu verlassen, um ein Zeichen gegen die Schiedsrichter zu setzen? Seit mehreren Jahren gibt es immer wieder Gerüchte um geschobene Spiele und Schiedsrichterentscheidungen zugunsten Galatasarays.
Als erstes reagiert hat der Präsident von Demirspor, Bedirhan Durak, der am Montagmorgen von seinem Amt zurückgetreten ist, da er sich durch die Situation, in die sein Verein geraten ist, gedemütigt fühlt. In einer Erklärung sagte er: "An diesem Punkt bedauere ich, dass wir in einen unausweichlichen Strudel geraten sind. Für eine bessere Zukunft kündige ich allen unseren Fans an, dass ich im Interesse meines Vereins, meiner Familie, meiner Lieben und meiner Gesundheit von dem mir übertragenen Präsidentenamt zurücktrete."
Fenerbahce und Mourinho setzen noch einen drauf
Eine Reaktion kam auch von der Social-Media-Abteilung von Fenerbahce. In einem dramatischen Statement wurde der Rivale aus Istanbul scharf kritisiert: "Eure Fußballspieler können die Schiedsrichter und Fußballfans noch jahrelang mit ihren manipulierten Spielzügen täuschen (...). Dank euch gibt es im türkischen Fußball weder Vertrauen noch Gerechtigkeit (...). Glückwunsch! Schaut, was ihr aus dem türkischen Fußball gemacht habt!", heißt es unter anderem auf X.
Auch Acun Ilicali, seinerseits Vizepräsident von Fenerbahce, meldete sich zu Wort und forderte, dass für das Topspiel zwischen Galatasaray und Fenerbahce am 23. Februar (19 Uhr) ein ausländischer Schiedsrichter engagiert wird. Jose Mourinho postete den Clip der Situation auf seinem Instagram-Kanal.
Wo geht es hin mit dem türkischen Fußball?
Doch was tatsächlich am meisten Schaden anrichtet, ist, dass dieser Vorfall nur einer von vielen in den vergangenen Jahren ist, die ein äußerst schlechtes Licht auf den türkischen Fußball werfen.
Da war unter anderem Istanbulspor, dass seine Spieler gegen Trabzonspor aus Protest gegen eine Entscheidung vom Platz nahm, Fenerbahce, das seine Jugendmannschaft aufgestellte hatte und diese nach der 0:1-Niederlage gegen Galatasaray im türkischen Superpokal ebenfalls nach etwa 30 Sekunden vom Platz schickte, oder aber Ankaragucu-Präsident Faruk Koca, der auf den Rasen gestürmt war und auf Schiedsrichter Halil Umut Meler einprügelte.
Aus türkischer Sicht kann einem diese Entwiklung nur das Herz brechen. Als Fan würde man sich wohl am liebsten einfach auf ein fantastisches Titelrennen zwischen den beiden prestigeträchtigsten Mannschaften des Landes konzentrieren. Aber stattdessen wird darüber nur in seltenen Fällen berichtet. Im Fokus stehen dagegen wöchentlich nur Schiedsrichterentscheidungen und Korruption.
Highlight der Woche
Es wurde am Wochenende übrigens auch noch Fußball gespielt. Nach all dem Wahnsinn in Istanbul mag das nicht so erscheinen, aber es gab durchaus einige interessante Momente, über die es sich zu schreiben lohnt.

Der spektakulärste ereignete sich wohl im Recep Tayyip Erdogan Stadion, wo Kasimpasa Rizespor in einem spannenden Spiel am Sonntag schlug. Kevin Rodrigues traf per unglaublich schönem Volleyschuss, der seine Mannschaft beim 3:2-Sieg in Führung brachte.
Mannschaft der Woche

In dieser Ausgabe der Türkische Süper Lig Weekly von Flashscore haben wir zwei Spieler des Spieltags. Mustafa Eskihellac, Linksverteidiger von Trabzonspor, der nach seinem Wechsel von Gaziantep ein Traumdebüt für sein neues Team feierte, und Zeki Yavru von Samsunspor sind laut der Flashscore Spielerbewertung die herausragenden Stars des Wochenendes.
Trabzon-Torhüter Ugurcan Cakir war dagegen der beste Keeper, nachdem er beim 1:0-Sieg seiner Mannschaft gegen Eyupspor einen Elfmeter parierte, während es seine Mannschaftskameraden John Lundstram und Anthony Nwakaeme, die beide am einzigen Tor des Spiels beteiligt waren, ebenfalls ins Team geschafft haben.
Hervorzuheben ist zudem noch der haitianische Stürmer Duckens Nazons, der beim 3:2-Sieg von Kayserispor gegen Konyaspor einen Doppelpack erzielte.