Als Conte im vergangenen Jahr nach Neapel kam, fand er ideale Bedingungen vor. Der Klub war nicht für europäische Wettbewerbe qualifiziert, konnte sich voll auf die Serie A konzentrieren und Conte führte das Team prompt zur Meisterschaft. Der Scudetto wurde als Triumph seiner kompromisslosen Arbeit und seiner taktischen Strenge gefeiert.
Doch in dieser Saison droht das Erfolgsmodell zu bröckeln. Nach der 0:2-Niederlage in Bologna am Sonntagabend steht Neapel nur auf Platz vier der Tabelle. Es war bereits die fünfte Pflichtspielpleite in dieser Spielzeit, zudem blieb die Mannschaft in den letzten drei Partien torlos.
Krisengespräch mit der Klubführung?
Wie der Journalist Matteo Moretto berichtet, soll Conte nun ein klärendes Gespräch mit der Vereinsführung bevorstehen. Allerdings widersprach Klub-Insider Carlo Alvino dieser Darstellung und erklärte, ein Treffen sei nicht geplant, da sich Conte derzeit mit seiner Familie in Turin befinde. Unabhängig davon wächst die Unsicherheit über seine Zukunft, seine jüngsten Aussagen haben die Debatte weiter angeheizt.
Nach der Niederlage gegen Bologna übte Conte deutliche Kritik an seiner Mannschaft – und indirekt am Klub: „Bologna hat Leidenschaft, Begeisterung und Herz gezeigt, während wir schon beim ersten negativen Moment auseinandergefallen sind“, sagte er auf der Pressekonferenz.
Er erinnerte auch an alte Fehler des Vereins: „Fünf Niederlagen seit Saisonbeginn sind zu viel für ein Team, das als klarer Titelfavorit galt. Nach dem dritten Scudetto landete Napoli auf Platz zehn. Das hätte eine Lehre sein müssen.“
Conte machte unmissverständlich klar, dass er Veränderungen erwartet: „Wir müssen etwas unternehmen. Ich will keinen ‘toten Mann’ begleiten. Wenn wir gemeinsam etwas bewegen wollen, ist das in Ordnung; andernfalls müssen wir alle Verantwortung übernehmen.“
Streitpunkt Transfers
Schon vor dieser Krise hatte Conte die Transferpolitik seines Vereins offen kritisiert. Nach der 2:6-Niederlage gegen PSV in der Champions League bemängelte er die Umbrüche im Kader: „Neun Neuzugänge waren zu viel; wir haben das Gleichgewicht verloren. Ich habe gewarnt, dass dieses Jahr schwierig wird, weil manche Dinge Zeit brauchen, um sich einzuspielen.“
Unter den Neuzugängen waren prominente Namen wie Rasmus Højlund von Manchester United und Kevin De Bruyne, der derzeit verletzungsbedingt ausfällt.
Conte gilt als Trainer, der klare Vorstellungen von Kaderplanung hat und der in der Vergangenheit regelmäßig mit Vereinsführungen aneinandergeriet. Schon bei Juventus und Inter kritisierte er öffentlich die Transferpolitik, bei Chelsea kam es ebenfalls zu internen Spannungen, weil seine Wunschspieler nicht verpflichtet wurden.
Das Muster ist bekannt: Conte übernimmt einen Verein, bringt sofort Erfolg – und gerät anschließend in Konflikt mit der sportlichen Leitung. In Neapel scheint sich diese Geschichte nun fortzusetzen.
