Thiago Motta und Juventus Turin: Zu viel Revolution im Klub des Ergebnisfußballs

Thiago Motta ist als Trainer von Juventus Turin gescheitert.
Thiago Motta ist als Trainer von Juventus Turin gescheitert.Reuters / Massimo Pinca
Das Abenteuer von Thiago Motta bei Juventus Turin sollte der Beginn einer neuen Ära sein. Doch nach nur neun Monaten endete seine Amtszeit mit einem krachenden Fiasko. Statt einer glorreichen Zukunft hinterlässt der Ex-Trainer der Alten Dame verbrannte Erde, enttäuschte Hoffnungen und eine immense finanzielle Belastung. Eine Analyse der Gründe für das jähe Ende seiner Amtszeit offenbart, dass Motta nicht allein gescheitert ist – doch er selbst hat sich dabei keinen Gefallen getan.

Als Thiago Motta im Sommer 2024 in Turin ankam, war er der Shootingstar unter den Trainern. Mit Bologna hatte er sich in die Herzen der Fans gecoacht, seinen Klub sensationell in die Champions League geführt und dabei attraktiven, modernen Fußball zelebriert. Juventus, ein Klub, der zwar erfolgshungrig, aber nicht für spektakulären Fußball bekannt ist, holte ihn als Hoffnungsträger. Doch Hoffnung kann trügen.

Schon früh zeigten sich Risse in der Beziehung zwischen Trainer und Mannschaft. Juves Kader, zusammengestellt für pragmatischen Ergebnisfußball, schien mit Mottas progressiven Ideen nicht viel anfangen zu können. Während die Spieler in Bologna ihn als genialen Innovator feierten, blieb er in Turin ein Fremdkörper. Die Ergebnisse blieben aus, und spätestens nach dem blamablen Aus in den Champions-League-Play-offs wurde der Druck zu groß.

Magelnde Kommunikation

Dass ein Trainer gefeuert wird, wenn die Resultate nicht stimmen, ist im Fußball keine Überraschung. Doch in Mottas Fall war es nicht nur das Sportliche, das ihn zu Fall brachte. Seine Kommunikation – oder vielmehr sein Mangel daran – sorgte für Verstimmungen. Statt die Spieler in schwierigen Zeiten zu motivieren, ließ er sie oft ratlos zurück. Auch das Management forderte mehr Einfühlungsvermögen, doch Motta blieb stoisch und weigerte sich, seine Herangehensweise grundlegend zu ändern.

Die Stimmung im Team kippte, und aus Respekt wurde Frustration. Als Juve-Legende Fabio Capello schließlich resümierte, dass „kein Spieler ihm mehr folgt“, war klar, dass Motta nicht mehr lange zu halten sein würde.

Nach der desaströsen 0:4-Niederlage gegen Atalanta und der 0:3-Pleite gegen die Fiorentina war Juventus aus den Champions-League-Plätzen gerutscht. Trotzdem versicherte Sportdirektor Cristiano Giuntoli öffentlich, dass Motta im Amt bleiben würde. Doch ein internes Treffen wenige Tage später änderte alles: Das Management hatte die Geduld verloren und bat Eigentümer John Elkann um die Erlaubnis zur Trennung. Das Urteil fiel schnell – Motta wurde während eines Familienaufenthalts in Portugal per Telefon informiert.

Die Art der Entlassung – lieblos und hastig – spricht Bände. Juventus verlor nicht nur Vertrauen in Motta, sondern offenbar auch in den eigenen Stil. Sein designierter Nachfolger Igor Tudor saß da bereits im Auto nach Turin.

Teures Lehrgeld für alle Beteiligten

Die Entscheidung, Thiago Motta zu entlassen, kostet Juventus eine gewaltige Summe: Rund 20 Millionen Euro für Vertragsauflösung und Abfindung, dazu horrende Transferausgaben von 252 Millionen Euro für Spieler, die nun nicht zur taktischen Philosophie des neuen Trainers passen könnten. Die Kritik trifft daher nicht nur Motta, sondern auch Giuntoli, der diese riskante Wette einging.

Für Thiago Motta bedeutet dieses Desaster eine Zäsur in seiner Trainerkarriere. Noch vor einem Jahr war er der gefragteste Mann in Italien, jetzt muss er sich neu erfinden. Seine Ideen sind nicht gescheitert, wohl aber seine Fähigkeit, sie in einem Klub von Juves Größe durchzusetzen. Vielleicht ist das eine wertvolle Lektion. Vielleicht aber auch ein Stigma, das ihn noch lange begleiten wird.

Und Juventus? Der Klub bleibt sich treu. Schönspielen ist schön und gut – doch am Ende zählen nur die Ergebnisse. Die Zeit wird zeigen, ob das nächste Kapitel erfolgreicher geschrieben wird.