FlashFocus: Scott McTominay – Vom Geschassten in Old Trafford zur Kultfigur in Neapel

Scott McTominay feiert eines seiner beiden Tore im Spiel zwischen Napoli und Turin.
Scott McTominay feiert eines seiner beiden Tore im Spiel zwischen Napoli und Turin.GIUSEPPE MAFFIA / NurPhoto / NurPhoto via AFP Flashscore
Neapel – eine Stadt, in der Fußball keine Leidenschaft, sondern Religion ist. Eine Stadt, in der Diego Maradona noch immer wie ein Heiliger verehrt wird. Und nun? Nun erlebt Neapel die „McTominaymania“ – ein schottischer Mittelfeldspieler auf dem Weg zum neuen Volkshelden.

Als Scott McTominay im Sommer 2024 seinen Jugendverein Manchester United verließ, konnte wohl kaum jemand ahnen, welchen Wandel sein Karriereweg und welchen Einfluss er in Neapel nehmen würde. Die SSC investierte 30,5 Millionen Euro in den robusten Schotten – eine Verpflichtung, die sich als absoluter Glücksgriff entpuppen sollte.

Gemeinsam mit Antonio Conte, der als Cheftrainer den Umbruch nach einer enttäuschenden Vorsaison einläutete, wurde McTominay zur zentralen Figur des neuen Napoli. Anstatt Marco Brescianini zu verpflichten, entschieden sich die Azzurri für den mittlerweile 28-jährigen McTominay – und der bedankt sich mit Leistungen, die nicht nur sportlich beeindrucken, sondern auch emotional die Stadt erobern.

Mit 11 Toren und vier Vorlagen in der Serie A sowie einem weiteren Treffer in der Coppa Italia ist McTominay aktuell der torgefährlichste Mittelfeldspieler Italiens. Solche Zahlen kannte man bei Napoli seit den Glanztagen von Marek Hamsik kaum mehr. Seine fünf Tore in vier Spielen im April brachten ihm nicht nur die Auszeichnung zum "Spieler des Monats" ein – sie unterstrichen auch seine tragende Rolle im Titelrennen. Zwei Spieltage vor Schluss steht Neapel mit 78 Punkten an der Spitze, nur einen Punkt vor Verfolger Inter Mailand.

„McFratm“ – ein Spitzname wird zur Marke

In Neapel nennt man ihn liebevoll „McFratm“ – eine Mischung aus seinem Namen und dem neapolitanischen Wort fratm, was so viel wie „Bruder“ bedeutet. Der Begriff trifft es gut: McTominay hat sich binnen weniger Monate in die Herzen der Tifosi gespielt. Seine Spitznamen – „McTerminator“, „MacGyver“ oder „Apribottiglie“ (Flaschenöffner) – spiegeln seine Durchschlagskraft auf dem Platz wider. Vor allem sein Ruf, das erste Tor in wichtigen Spielen zu erzielen, macht ihn unverzichtbar. Doch seine Verehrung geht weit über sportliche Leistungen hinaus.

In einer Stadt, in der ein Haar Maradonas in einer Bar als heiliger Schatz gilt, hat auch McTominay seinen Platz im Volksglauben gefunden. Eine Kapelle mit seinem Bildnis ziert die Kirche San Nicola al Nilo im historischen Zentrum. In Secondigliano erlebt das Hamburger-Restaurant „McFratm“ dank seiner Popularität einen ungeahnten Aufschwung. Es gibt Torten mit seinem Konterfei und Memes, die ihn als neuen Papst stilisieren.

Nicht zuletzt begeistert er auch kulinarisch. Seine schwärmerische Aussage über Tomaten aus Kampanien – „In Großbritannien waren sie rotes Wasser. Hier schmecken sie wie Tomaten. Ich esse sie wie einen Snack“ – machte ihn vollends zum Liebling der Stadt.

Scott McTominay: Ein Spieler auf einer Mission

Bei seiner Ankunft in Neapel ließ McTominay keinen Zweifel an seinen Ambitionen. Noch bevor er offiziell vorgestellt wurde, wollte er das Stadion sehen, das nach Maradona benannt ist. Als er vor der Statue des argentinischen Idols stand, versprach er sich selbst, Teil der Vereinsgeschichte zu werden.

Mit dem möglichen Gewinn des vierten Scudetto für die SSC Neapel – dem ersten seit der triumphalen Saison 2022/23 – könnte dieses Versprechen bald Realität werden.