Brescia Calcio ist insolvent: Der dramatische Niedergang eines Traditionsvereins

Der italienische Traditionsverein Brescia Calcio steht vor einem Neuanfang im Amateurbereich.
Der italienische Traditionsverein Brescia Calcio steht vor einem Neuanfang im Amateurbereich.Stefano Nicoli / LaPresse / Profimedia
Brescia Calcio, einst Heimat großer Namen wie Roberto Baggio, Pep Guardiola, Andrea Pirlo und Gheorghe Hagi, steht vor dem Ruin. Nach 114 Jahren Fußballgeschichte ist der Traditionsverein aus der Lombardei faktisch am Ende – aus sportlicher, wirtschaftlicher und struktureller Sicht. Eine Geschichte voller Stolz und glanzvoller Vergangenheit endet im Chaos, verursacht durch Misswirtschaft, Schulden und die umstrittene Führungsfigur Massimo Cellino.

Was sich in den letzten Monaten bereits angedeutet hatte, ist nun traurige Realität: Brescia Calcio ist insolvent und wird, sofern sich nicht in letzter Minute ein Käufer findet, in der Serie D, der höchsten Amateurliga Italiens, neu starten müssen. Ein Abstieg in mehreren Etappen: sportlich, organisatorisch und moralisch.

Bereits in der abgelaufenen Saison befand sich Brescia in einer sportlichen Abwärtsspirale. Die Mannschaft spielte in der Serie B, musste aber einen Punktabzug von vier Zählern hinnehmen – die Folge von Unregelmäßigkeiten bei der Einreichung finanzieller Garantien im Februar 2025. Fatal: Brescia rutschte auf Platz 19 der Tabelle ab und stieg in die Serie C ab. Doch schlimmer als der Abstieg war, was hinter den Kulissen geschah.

Massimo Cellino, Eigentümer und Präsident des Vereins, sorgte für den ultimativen Schlag gegen Brescia. Eine fällige Zahlung von 3 Millionen Euro an ausstehenden Spielergehältern wurde nicht geleistet. Trotz einer vom italienischen Fußballverband (FIGC) gesetzten Frist verweigerte Cellino die Zahlung – und damit auch die Registrierung des Vereins für die kommende Saison in der Serie C.

Medien berichten, Cellino sei zu dieser Zeit in London gewesen, wo er mit einem US-amerikanischen Unternehmen über einen möglichen Verkauf des Vereins verhandelte. Statt einer Lösung folgte der totale Rückzug: Cellino entließ sämtliche Anwälte, Buchhalter und Vereinsmitarbeiter und verschloss sich vor jeglichem Dialog. Die Schulden des Vereins belaufen sich inzwischen auf rund 8,5 Millionen Euro – darunter Steuerrückstände, Gehälter und Ligagebühren.

Brescia Calcio: Fan-Proteste und Ende einer Ära

Der Niedergang von Brescia Calcio ist nicht nur ein finanzielles und organisatorisches Desaster, sondern auch ein emotionales Trauma für die Fans. Kapitän Dimitri Bisoli fand deutliche Worte: „114 Jahre Geschichte wurden mit Füßen getreten, aber Brescia ist nicht er (Cellino, Anm. d. Red.). Wir sind Brescia und wir werden niemals sterben.” Auch die „Gazzetta dello Sport“ schrieb: „Massimo Cellino hat Brescia absichtlich umgebracht.“

Die Emotionen der Anhänger sind nachvollziehbar, denn mit Brescia Calcio verschwindet ein Stück italienischer Fußballkultur. 23 Spielzeiten in der Serie A, unvergessene Jahre mit Stars wie Baggio, Pirlo, Toni, Guardiola oder Hagi. Unter Trainer Carlo Mazzone erreichte man 2000/01 den achten Platz – die beste Platzierung der Vereinsgeschichte. Doch nun ist all das Geschichte.

Theoretisch könnte Brescia in der Serie C verbleiben, sollte sich kurzfristig ein neuer Investor finden. Doch die Zeit drängt. Lokale Vereine wie Lumezzane, Ospitaletto oder Feralpisalò schlugen bereits Fusionen vor, doch die Fans lehnten diese rigoros ab. Für sie ist klar: Brescia darf nicht in einer anderen Identität weiterleben – es muss als Brescia auferstehen oder gar nicht.

Napoli, die Fiorentina und Palermo machen Hoffnung

Der Fall von Brescia Calcio reiht sich ein in eine traurige Liste italienischer Traditionsvereine, die durch Misswirtschaft und Führungskrisen aus dem Profifußball verdrängt wurden – ähnlich wie einst Neapel, Fiorentina oder Palermo. Doch die Geschichte hat auch gezeigt, dass ein Neubeginn möglich ist, wenn Leidenschaft und Struktur zusammenfinden.