Zwanzig Jahre nach seiner legendären Selbstkrönung als „The Special One“ kehrt José Mourinho an die Stamford Bridge zurück, diesmal als Trainer von Benfica Lissabon. Für den 62-Jährigen ist es eine Rückkehr voller Symbolik: Dort, wo er Chelsea zu drei Premier-League-Titeln führte, steht er nun mit einem portugiesischen Traditionsklub an der Seitenlinie, den er nach eigener Aussage „bescheidener“ und „altruistischer“ prägen möchte.
Mourinho, der im August bei Fenerbahce entlassen wurde, soll Benfica neue Glanzlichter bescheren: große Abende in Europa, so wie er sie bereits mit Porto, Inter Mailand oder Real Madrid erlebte. Zwei Teams führte er zuletzt trotz aller Rückschläge in europäische Endspiele, ein Pfund, mit dem er bei seiner Vorstellung in Lissabon selbstbewusst wucherte.
Die Verpflichtung durch Präsident Rui Costa wurde von manchen als politischer Schachzug vor den Klubwahlen im Oktober gedeutet. Offiziell betont Costa jedoch: „Mourinho ist Benficas Trainer, weil wir überzeugt sind, dass er alle Voraussetzungen mitbringt, um einen Klub wie unseren zu führen.“
Sein zweiter Einstand bei Benfica, 25 Jahre nach seiner kurzen ersten Amtszeit, verlief sportlich solide: einem souveränen 3:0 bei AVS folgten ein 1:1 gegen Rio Ave und ein 2:1 gegen Gil Vicente.
Nun also Chelsea. Der Verein, den Mourinho mit seiner „Wir gegen den Rest“-Mentalität einst elektrisierte, steht nach Jahren der Orientierungslosigkeit wieder auf stabilerem Boden.
Vereinskassen profitieren von Mourinho
Mit Klub-WM und Conference League feierten die Blues im Sommer die ersten Titel seit der Übernahme durch Todd Boehly und Clearlake Capital. Mourinho, der den Umbruch aus der Ferne verfolgte, sprach von „verrückten Investitionen“ und „schwierigen Jahren“ für jemanden, der den Klub liebt.
Die Rückkehr sorgt für Emotionen, aber auch für Kontroversen. Chelsea stuft das Spiel in die höchste Preiskategorie ein, obwohl Benfica nicht zum Kreis der „Kassenschlager“ zählt. Der Chelsea Supporters Trust kritisierte: „Hört auf, unsere Treue auszunutzen.“ Trotzdem dürfte die Stamford Bridge ausverkauft sein.
Mourinhos Verhältnis zu den Fans ist vielschichtig. Seine erste Ära prägten Erfolge und Leidenschaft, gipfelnd in der Szene 2006, als er nach dem Titelgewinn Medaille und Sakko ins Publikum warf.
Doch spätere Stationen bei Manchester United und besonders bei Tottenham führten zu offenen Anfeindungen – „Judas“-Rufe inklusive. Mourinho reagierte damals trotzig und erinnerte mit erhobenen drei Fingern an die drei Meisterschaften, die er Chelsea geschenkt hatte.
Chelsea und Benfica sportlich unter Druck
Vor dem neuerlichen Wiedersehen gibt er sich gelassen: „Wenn die Fans freundlich zu mir sind, ist das schön. Wenn nicht, ist das auch okay und kein Problem, aber ich freue mich, wieder hier zu sein.“ Ob die Begrüßung freundlich bleibt, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie sich Mourinho an der Seitenlinie verhält, sein Hang zu Provokationen ist schließlich legendär.
Sportlich ist das Duell von großer Bedeutung: Sowohl Chelsea als auch Benfica verloren ihre Auftaktpartien in der Champions League und stehen bereits unter Zugzwang.
Zum Match-Center: FC Chelsea vs. Benfica Lissabon