Ronaldo ist 40 – in wenigen Monaten 41 – und trotzdem omnipräsent wie eh und je. Nicht nur aufgrund sportlicher Höhepunkte, sondern wegen Interviewmarathons, Selbstinszenierung und medialen Störfeuern. Sein jüngstes Gespräch mit Piers Morgan, von vielen als selbstverliebt wahrgenommen, war nur der jüngste Versuch, der Welt mitzuteilen, dass er noch da ist. Dass er noch wichtig ist.
Dabei braucht Ronaldo solche Inszenierungen längst nicht mehr. Die Fakten sprechen weiterhin für ihn: 25 Länderspieltore seit seinem Wechsel nach Saudi-Arabien, über 80 % Passgenauigkeit, 109 Tore in 122 Spielen für Al Nassr. Zahlen, die selbst für Spieler im Zenit beeindruckend wären. Doch sie verlieren an Strahlkraft, wenn das Umfeld das Gefühl vermittelt, der Spieler selbst könne ohne Scheinwerferlicht nicht atmen.
Der Platzverweis, der alles sagt
Das Spiel gegen Irland lieferte die nächste irritierende Episode. Ronaldo spielte schwach, war laut Bewertungen der schlechteste Portugiese auf dem Platz – und beendete seinen Auftritt mit einem unnötigen Ellenbogenschlag gegen Dara O’Shea. Der VAR griff ein, die Rote Karte war folgerichtig.
Doch statt die Entscheidung zu akzeptieren und professionell vom Feld zu gehen, inszenierte Ronaldo eine kleine Bühnenshow: Gesten zum Publikum, hitzige Diskussionen am Spielfeldrand, Drama bis zur letzten Sekunde. Es war die Reaktion eines Mannes, der nicht akzeptiert, dass die Welt nicht mehr um ihn kreist.
Besonders pikant: Die Sperre könnte ihn Portugals erste zwei Spiele bei der kommenden – und für ihn wohl letzten – Weltmeisterschaft kosten. Ein bemerkenswerter Kollateralschaden, der in der Nachspiel-Dramatik fast unterging.
Ronaldo betont gerne die Stärke der Saudi Pro League. Zuletzt behauptete er sogar, sie gehöre bereits zu den fünf besten Ligen der Welt. Ein Satz, der im größten Teil der Fußballwelt eher Kopfschütteln als Zustimmung auslöste. Zumal die Zahlen der Liga eine andere Sprache sprechen: halb leere Stadien, Vereine mit Zuschauerzahlen im dreistelligen Bereich, Qualität, die nur selten europäischen Maßstäben genügt.
Diese Aussagen wirken weniger wie eine Überzeugung und mehr wie ein Versuch, sein eigenes sportliches Umfeld aufzuwerten, oder zumindest seine enormen Einkünfte von knapp fünf Millionen Euro pro Woche zu rechtfertigen.
Ein schwindender Schatten, der nicht verschwinden will
Es bleibt der Eindruck eines alternden Superstars, der nicht lernen will, dass Größe auch darin liegt, rechtzeitig zurückzutreten. Ronaldo wäre nicht der erste Legende, deren Spätphase unglücklich wirkt, aber er scheint der erste zu sein, der dieses Ende aktiv beschleunigt: durch Ego, Trotz und ein unstillbares Bedürfnis nach Aufmerksamkeit.
Dabei könnte alles so einfach sein. Ronaldo könnte seinen Platz im Fußball-Olymp genießen, seine beeindruckenden Zahlen für sich sprechen lassen, die Bühne freiwillig jüngeren Spielern überlassen. Stattdessen überschattet er seine sportlichen Leistungen durch Nebenschauplätze, die wenig mit Größe, dafür viel mit verletztem Stolz zu tun haben.

