Spagat für den Frauen-Fußball: Zwischen Aufmerksamkeit und Idylle

Jule Brandt (l.) und Laura Freigang (r.)
Jule Brandt (l.) und Laura Freigang (r.)ČTK / imago sportfotodienst / Hendrik Gräfenkämper
Der schwierige Spagat ist Laura Freigang durchaus bewusst. Sie finde es schön, sagte sie, dass der Frauenfußball eine eigene Welt habe. Und um sich die größere Nahbarkeit im Vergleich zu den Männern zu erhalten, würde die Nationalspielerin auch auf Zuschauer verzichten, betonte sie jüngst.

Aber lässt sich diese eigene Identität inmitten des Strebens nach Wachstum wirklich bewahren? Es ist eine Frage, die die EM in der Schweiz in den kommenden Wochen im Hintergrund begleiten wird.

Noch präsentieren sich etwa die DFB-Frauen trotz der enorm gestiegenen Aufmerksamkeit bodenständig und nahbar. Doch der Fußball der Frauen entwickelt sich rasant, Prämien haben sich deutlich erhöht, in der Schweiz werden Zuschauerrekorde erwartet – auch wenn der Abstand zu den Männern gewaltig bleibt.

Passendes Vorbild?

Aber: Ist es überhaupt erstrebenswert, einer Branche nachzueifern, die sich für maximale Profite seit Jahren moralisch höchst flexibel präsentiert? In Zeiten, in denen sich die Männer vor Saudi-Arabien flehend in den Staub werfen, in denen Turniere aufgebläht und künstlich hochstilisiert werden, in denen die einst versprochene Demut nicht mehr als ein Lippenbekenntnis bleibt, kommt die Frauen-EM (noch) erfrischend ehrlich daher.

Für die UEFA ist das Turnier in der Schweiz zwar ein Minusgeschäft, doch neben dem europäischen Kontinentalverband hat längst auch Gianni Infantinos FIFA bemerkt, dass angesichts der rasanten Entwicklung künftig in diesem Metier ordentlich Geld verdient werden kann.

Die Aufstockung der Frauen-WM auf 48 Teams ist längst beschlossen, Einnahmen in Höhe von einer Milliarde Dollar verspricht sich der Weltverband künftig.

Fortschritt birgt auch Risiko

Freigang würde sich "die eigene Welt" gerne "ein bisschen bewahren". So unbeschwert und unbelastet diese Frauen-EM derzeit wirken mag, so groß die Vorteile sein mögen, sie birgt zugleich eine Gefahr. Das Turnier könnte zu einem Zwischenschritt werden, der die Entwicklung in die "falsche" Richtung beschleunigt. Ob Freigang will oder nicht.