Sjoeke Nüsken: Erstaunlich vielseitig - Für DFB-Frauen zentral wichtig

Sjoeke Nüsken vor ihrem Elfmeter gegen Dänemark.
Sjoeke Nüsken vor ihrem Elfmeter gegen Dänemark.ČTK / imago sportfotodienst / Grant Hubbs
Nia Künzer gab gerne Nachhilfe, der Fehler kommt ja häufiger vor. "Sjoke" werde der Vorname von Sjoeke Nüsken richtig ausgesprochen, nicht "Sjöke", erklärte die DFB-Sportdirektorin einem Reporter im Nachgang einer Pressekonferenz in Zürich. Das Problem mit dem ungewöhnlichen Namen hat der Mittelfeldspielerin in England einen neuen Spitznamen beschert - bei ihrem Verein FC Chelsea wird die 24-Jährige schlicht "Sio" genannt.

Die Unklarheit über die Aussprache legt nahe, dass Nüsken trotz ihrer 47 Länderspiele noch immer etwas unter dem Radar fliegt. Doch bei der EM ist die Allrounderin im DFB-Team wichtiger denn je. Als neue Vize-Kapitänin unterstrich sie mit ihrem verwandelten Foulelfmeter gegen Dänemark (2:1) ihren Führungsanspruch nach dem EM-Aus von Giulia Gwinn, der designierten Strafstoßschützin mit der 100-Prozent-Quote.

"Ich wollte von Anfang an vorneweg gehen und Verantwortung übernehmen", erklärte Nüsken danach, "es hat sich eigentlich nicht viel geändert." Es zeugt von einem Selbstvertrauen, dass sie sich vor allem über die vergangenen zwei Jahre seit ihrem Wechsel von Frankfurt nach London erarbeitet hat. Raus aus der Komfortzone, rein in den Konkurrenzkampf bei einem der besten Klubs der Welt.

Dort spielt Nüsken unter anderem mit Mayra Ramirez zusammen, mit der Starstürmerin aus Kolumbien denkt sie sich gerne außergewöhnliche Torjubel aus. Dass Nüsken nach ihrem EM-Treffer mit dem kleinen Finger und dem Daumen ihrer rechten Hand einen Telefonhörer formte, war daher als Gruß an ihre Vereinskollegin zu verstehen.

"Wir wollen Gruppenerster werden"

Reifer und besser ist Nüsken in der Zeit auf der Insel geworden, der physische Fußball der Women's Super League liegt ihr. Und auch mental ist sie gewachsen, insbesondere in der abgelaufenen Saison, als Nüsken um ihren Stammplatz im Starensemble der Blues kämpfen musste.

Christian Wück aber hielt im Nationalteam an der gebürtigen Westfälin fest. "Das gibt mir extrem viel Sicherheit und tut einfach gut", sagte sie über den Zuspruch des Bundestrainers. "Mein Anspruch ist es natürlich, dieses Vertrauen zurückzuzahlen."

Der 52-Jährige fühlt sich in seiner Entscheidung bestätigt. "Sie ist auf einem richtig guten Weg dahin", sagte Wück, der Nüsken auf der Doppelsechs neben Elisa Senß aufbietet. "Nicht nur spielerisch, auch mit ihrer Art, Kommandos zu geben." Die Rollenverteilung im zentralen Mittelfeld in Abwesenheit von Lena Oberdorf ist klar: Senß ist die Abräumerin, die Nüsken für offensive Aktionen den Rücken freihält.

Theoretisch könnte das Multitalent auch weiter vorne oder zur Not sogar als Innenverteidigerin zum Einsatz kommen. Schon in jungen Jahren war sie sportlich flexibel. Zwei deutsche Meistertitel im U-Bereich holte Nüsken, ehe sie sich gegen eine Tenniskarriere und für den Teamsport Fußball entschied.

Und in dem geht es für den achtmaligen Europameister Deutschland nun mit dem Viertelfinal-Ticket vorzeitig in der Tasche am Samstag (21.00 Uhr/ZDF und DAZN) gegen den Mitfavoriten Schweden. "Wir wollen Gruppenerster werden", gab Nüsken die Marschroute vor: "Da legen wir jetzt den Fokus drauf."

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