Das "Wunder von Mailand": Wie Bayern München Inter düpierte

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Andreas Brehme bei seiner Ankunft in Mailand zum Saisonbeginn 1988/1989.
Andreas Brehme bei seiner Ankunft in Mailand zum Saisonbeginn 1988/1989.ČTK / AP / Uwe Lein
Karl-Heinz Rummenigge war ratlos. "Ein Mittel gegen dieses Bollwerk weiß ich auch nicht", sagte die Münchner Klublegende über die Abwehrspezialisten seines Ex-Vereins Inter Mailand und ergänzte resigniert: "Für mich ist der Fall eigentlich erledigt."

Der "Fall" war das Achtelfinal-Rückspiel zwischen Rummenigges früheren Teams im UEFA-Cup am 7. Dezember 1988, das als "Wunder von Mailand" in die Historie des FC Bayern eingehen sollte. Es dient als Blaupause für das, was der deutsche Rekordmeister im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) in San Siro vorhat.

Zum Match-Center: Inter Mailand vs. Bayern München

Diesmal müssen die Münchner "nur" ein 1:2 wettmachen, vor mehr als 36 Jahren war es sogar ein 0:2. Ein schier unmögliches Unterfangen! Die Serie A war damals die beste Liga der Welt mit den größten Stars - und Inter, das sich mit Topspielern wie den ehemaligen Bayern Lothar Matthäus und Andreas Brehme oder Walter Zenga und Giuseppe Bergomi den Scudetto sichern sollte, die beste Mannschaft.

Vorher hatte erst ein einziges deutsches Team bei Inter gewonnen: Gladbach 1979 (3:2 n.V.) mit Trainer Jupp Heynckes. Der saß inzwischen auf der Bayern-Bank und sagte: "Alle Trümpfe liegen bei Inter." Doch der Mailänder Mittelfeldchef Matthäus warnte: "Wir dürfen uns nicht zu sicher sein. Wenn wir nicht konzentriert sind, sind die Bayern zu allem fähig!"

Zumal die "das Sieger-Gen des FC Bayern" in sich trugen, wie sich Hansi Dorfner erinnerte. Und Manager Uli Hoeneß die Mannschaft in einer "Brandrede" (Olaf Thon) mit der doppelten Prämie lockte. Eine Portion Extra-Motivation besorgte Inter, das den Gästen das Aufwärmen auf dem Platz verwehrte - sie mussten in eine stickige Gymnastikhalle ausweichen.

Chancen bei 1:99

Trotzdem: Kapitän Klaus Augenthaler bezifferte die Chancen aufs Weiterkommen auf 1:99. Doch Inter hatte das Spiel, wie Heynckes später raunte, innerlich "schon abgehakt" und dachte nur noch an das anstehende Derby gegen Stadtrivale AC um Stürmerstar Marco van Basten. Matthäus' Prophezeiung sollte sich bewahrheiten.

Auch, weil Heynckes überraschend drei Spitzen aufbot. Roland Wohlfarth (33.) und Jürgen "Kobra" Wegmann (41.) trafen, letzterer auf Vorlage von Johnny Ekström. Auch Augenthaler (37.) war erfolgreich.

Nach dem Anschlusstreffer von Aldo Serena (45.) startete Inter, geschwächt vom verletzungsbedingten Aus für Brehme, einen wahren Sturmlauf. "Das hätte 10:3 ausgehen können", erinnerte sich Matthäus, doch Bayern-Torwart Raimond Aumann, der "Held von San Siro", habe "das Spiel seines Lebens" gezeigt. "Erst verlor Inter Brehme, dann den Kopf", schrieb Tuttosport, der kicker titelte: "Bayern überstand die Hölle von Mailand".

Er habe, sagte Aumann in Münchner Merkur/tz im Rückblick, "einen echten Lauf", "einen Sahnetag" gehabt. Man habe aber auch, so der Keeper, im "Kollektiv Unglaubliches geleistet".

Auch 2006 (2:0), 2011 (1:0) und 2022 (2:0) gewannen die Bayern im Meazza-Stadion gegen Inter, wie neulich die Nationalelf gegen Italien (2:1). "Es ist noch nichts verloren", sagte Matthäus deshalb: "Das Wunder von Mailand hat es ja schon mal gegeben." Er war dabei.