Wenn Spieler den Hebel ansetzen: Unions Doekhi, Leite und das Dilemma der Trainer

Danilho Doekhi (l.) und Diogo Leite wollten Union Berlin in diesem Sommer verlassen.
Danilho Doekhi (l.) und Diogo Leite wollten Union Berlin in diesem Sommer verlassen.ČTK / imago sportfotodienst / O.Behrendt
Das Transferfenster ist in Deutschland geschlossen, doch die Nachbeben hallen in Köpenick noch nach. Bei Union Berlin standen im Sommer gleich zwei Abwehrsäulen vor einem möglichen Abschied: Danilho Doekhi und Diogo Leite. Zwei Profis, ein Klub. Und zwei völlig verschiedene Umgangsweisen mit derselben Situation.

Während Doekhi trotz konkreter Angebote und eigener Wechselgedanken bis zuletzt trainierte und spielte, zog sich Leite zeitweise aus dem Trainings- und Wettkampfbetrieb zurück. Für Trainer Steffen Baumgart bedeutete das ein Szenario, das längst zum Albtraum moderner Trainerkarrieren gehört: Spieler, die ihren Wechsel erzwingen wollen, werden zum Störfaktor – sportlich wie atmosphärisch.

Doekhi, seit 2022 bei Union und inzwischen mit 103 Pflichtspielen eine feste Größe, gab offen zu, dass er im Sommer eine ernsthafte Offerte auf dem Tisch hatte. „Ich kann nicht sicher sagen, ob ich im Winter noch hier bin oder gehe. Es kann in beide Richtungen gehen“, erklärte der 27-Jährige in einer Medienrunde. 

Leite übt Druck auf den Verein aus

Er trainierte weiter, stand in den ersten Saisonspielen auf dem Platz und verkörperte jene Professionalität, die im Geschäft längst keine Selbstverständlichkeit mehr ist.

Sein Abwehrkollege Leite entschied sich für den entgegengesetzten Weg: wochenlange Auszeit, keine Spiele, keine Einheit mit der Mannschaft. Offiziell hieß es: individuelles Training. Faktisch aber steht er damit für eine Praxis, die im europäischen Fußball beinahe alltäglich geworden ist. Spieler nehmen sich selbst aus dem Verkehr, um Druck auf den Verein auszuüben.

Für Trainer ist das ein Minenfeld. Die sportliche Planung wird untergraben, weil Schlüsselspieler fehlen. Der Mannschaftsgeist leidet, wenn Kollegen sehen, dass einzelne Akteure für persönliche Ziele Sonderwege einschlagen. 

Und der Trainer selbst steckt im Spagat: Einerseits braucht er seine besten Leute, andererseits riskiert er mit halbherzigen oder widerwilligen Spielern eine Vergiftung des Klimas.

Geldstrafen verpuffen ohne Effekt

Union Berlin ist damit kein Einzelfall – und viele Vereine trifft es noch deutlich schlimmer. Von Spielern, die im Training absichtlich nachlässig agieren, bis hin zu Stars wie Alexander Isak oder Ousmane Dembélé, die mit drastischen Mitteln ihre Freigabe erzwangen, die Liste der Beispiele ist lang. 

Agenten raten ihren Klienten, Druck auszuüben, die Medien greifen willig zu, und am Ende sitzen die Vereine oft am kürzeren Hebel. Geldstrafen in Höhe von einigen Zehntausend Euro wirken lächerlich, wenn Millionen-Ablösen und Gehälter in Aussicht stehen.

Für die Trainer bleibt die Erkenntnis, dass sie in diesem Spiel fast immer verlieren. „Von dem Moment an, in dem ein Spieler sagt, dass er gehen will, sind wir am Ende“, sagte ein erfahrener Coach einmal. Doekhi mag bislang das Gegenmodell verkörpern, doch auch er hat ein mögliches Winter-Comeback der Wechselgerüchte längst angekündigt.

Und so gilt für Union wie für viele andere Klubs: Nach dem Transferfenster ist vor dem Transferfenster. Für die Trainer bleibt nur, das Beste aus einer Situation zu machen, die sie selbst kaum kontrollieren können.