"War sein Mentor": Ex-Bundesligaspieler Buckley über Hummels, den BVB und Südafrika

Delron Buckley leitet mittlerweile eine Fußballakademie in Südafrika
Delron Buckley leitet mittlerweile eine Fußballakademie in SüdafrikaČTK / DPA / Jürgen Fromme
Delron Buckley debütierte 1995 im Alter von 18 Jahren beim VfL Bochum in der Bundesliga. Nach seiner erfolgreichsten Saison bei Arminia Bielefeld 2004/05, in der er mit 15 eigenen Treffern maßgeblich am Nicht-Abstieg des Vorjahres-Pokalfinalisten beteiligt war, wurde er mit einem Transfer zu Borussia Dortmund belohnt. 70 seiner 201 Bundesligaeinsätze erfolgten im Trikot des BVB, es folgten weitere Stationen bei Mainz 05 und dem Karlsruher SC. Vor dem finalen Spieltag der Klub-WM, in der der südafrikanische Verein Mamelodi Sundowns in der Dortmund-Gruppe noch um das Weiterkommen spielt, sprach Flashscores England-Korrespondent Benjamin McFadyean mit dem 72-fachen südafrikanischen Nationalspieler, der in seiner Vereinskarriere auf insgesamt 454 Spiele (55 Tore) zurückblicken kann und heute eine Fußballakademie im heimischen Durban leitet, über seine Vergangenheit in der Bundesliga, schwere Zeiten beim BVB, sowie interessante Einblicke über Erfahrungen mit Jürgen Klopp und Mats Hummels.

Frage: Delron Buckley, Sie kamen 1994 als 16-Jähriger nach Deutschland. Wie waren Ihre Erfahrungen damals?

Antwort: Ich konnte kein Wort Deutsch. Ich kam aus Südafrika, wo wir im Winter Temperaturen von mindestens 25 Grad haben, und dann stieg ich in ein Flugzeug nach Deutschland, wo es draußen minus fünf Grad waren, sobald man den Flughafen verließ. Das war hart. Ich musste die Sprache, die Kultur, die Kälte und zahlreiche andere Herausforderungen bewältigen. Zu dieser Zeit war Deutschland noch kein sehr kosmopolitisches Land.

In Bochum sprach niemand Englisch, also musste man schnell Deutsch lernen. Der erste Verein, bei dem ich ein Probetraining bestritt, war damals Rot-Weiss Essen. Als 16-Jähriger kam ich in die Umkleidekabine und sah eine Art Kälte in den Gesichtern der Spieler. Sie dachten wohl: 'Was macht der hier? Ist der gekommen, um mir meinen Platz wegzunehmen?'

Und das zeigten sie dir auch auf dem Platz: Man musste den Mitspielern seine Fähigkeiten zeigen. Wenn man zeigte, wie hart man arbeitete und was man sich auf dem Platz leisten konnte, dann kam man in einen 'magischen Kreis‘ und wurde akzeptiert. 

Der erste Vertrag in Bochum

F: Und dann der erste Vertrag in Deutschland beim VfL Bochum? 

A: Trainer Klaus Toppmöller nahm mich unter seine Fittiche und unterstützte meine Entwicklung, weil er mein Talent erkannte; das war mein Glück. Ich war 17 Jahre alt und so schnell mit dem Ball, dass der Trainer sagte, er habe noch nie einen so dynamischen Spieler gesehen. Ich bekam demnach den Spitznamen 'Mini-Ronaldo'.

F: Sie verbrachten neun Jahre beim VfL Bochum, spielten zunächst in der zweiten Mannschaft und schafften dann den Sprung in das Bundesliga-Team. In der Saison 1996/97 wurde der VfL Fünfter. Wie hat der Verein diese Höhe erreicht?

A: Bochum hatte als Verein nicht viel Geld für Spieler, also kauften sie die Spieler, die sie bekommen konnten, um zu überleben, aber wenn man keine Spiele gewinnt, steigt man zwangsläufig ab - jedes Jahr. 1997/98 war es anders: Wir hatten gute Spieler wie die polnischen Nationalspieler Henryk Bałuszyński und Tomasz Wałdoch. Wir hatten Maurizio Gaudino und Dariusz Wosz, die für die deutsche Nationalmannschaft spielten. Die Mannschaft hatte großes Können. Aus Südafrika zu kommen und in so jungen Jahren die Möglichkeit zu haben, mit Spitzenspielern zu spielen, war einer meiner größten Höhepunkte.

F: Die Qualifikation für den UEFA-Pokal und das Erreichen des Achtelfinals in diesem Wettbewerb muss ebenfalls ein Höhepunkt Ihrer Karriere im Ruhrstadion gewesen sein?

A: Für eine Mannschaft ohne echte Ressourcen wie Bochum im UEFA-Pokal zu spielen: das war wie der Gewinn der Meisterschaft. Ich habe beim VfL so viel gelernt; es ist wie ein Familienverein.

Aber als sie sich 2004/05 erneut für den UEFA-Pokal qualifizierten, war ich bereits zu Arminia Bielefeld gewechselt, und es gab einige Differenzen mit dem Verein. Einige Spieler äußerten sich in der Zeitung, dass sie froh seien, dass ich weggegangen sei. Folglich tat es mir kaum Leid, Bochum in der ersten Runde gegen Standard Lüttich ausscheiden zu sehen.

Höhepunkt in Bielefeld und Abschied nach Dortmund

F: Nachfolgend haben Sie eine außergewöhnliche Saison mit Arminia Bielefeld gespielt und 15 Tore erzielt, Karrierebestwert. Sie sind bekannt für Ihre besondere Verbindung zu den Arminen, und auch den Fans von Bielefeld. Haben Sie den Einzug des Vereins ins Pokalfinale verfolgt?

A: Ich habe in Bielefeld einige meiner besten Fußballspiele bestritten. Es ist eine großartige Stadt, mit der ich viele schöne Erinnerungen verbinde. Ich habe dort geheiratet, und meine erste Tochter wurde in Bielefeld geboren. Meine Frau stammt aus Bochum, das nicht weit entfernt ist, daher fahre ich dorthin, wenn ich in Deutschland bin.

Ich stehe regelmäßig mit viele Bielefeld-Fans und einige meinen ehemaligen Kollegen von damals in Kontakt. Ich freue mich, dass es der Arminia wieder gut geht. Die Arminen verdienen Spitzenfußball, sie haben fantastische Fans.

F: Danach ging es weiter zu Borussia Dortmund. War es schwer, von der Bielefelder Alm ins Westfalenstadion zu wechseln - oder eher eine Chance, die man sich nicht entgehen lassen durfte?

A: Der Wechsel zu Dortmund war für mich ein Traum, der wahr wurde. Ich unterschrieb einen Vierjahresvertrag für eine für Arminia Bielefeld damals vergleichsweise hohe Ablösesumme von 425.000 Euro. Aber ich habe mich dann schnell schwer verletzt und mir das Kreuzband gerissen.

Es gab ein Rehabilitationszentrum, in dem wir fast jeden Tag trainiert haben. Das Zentrum lag neben dem Westfalenstadion, sodass ich stets Spitzenspielern wie Julio Cesar, die ebenfalls in der Reha waren, über den Weg lief. Das waren Spieler, die mit dem BVB die Champions League gewonnen hatten; für mich war das damals ziemlich beeindruckend.

Die Erwartungen der BVB-Fans waren aber wahnsinnig hoch. Da ich aus Bielefeld kam und dort 18 Tore in der Liga und fünf Tore im Pokal erzielt hatte, erwartete jeder beim BVB, dass ich von Anfang an 20 Tore schießen würde, aber so kam es nicht. Es war dramatisch, weil ich keine Tor schoss, was für einen Stürmer natürlich verhängnisvoll ist.

Probleme beim BVB

F: Es gab aber damals auch größe Herausforderungen beim BVB?

A: Es waren schwierige Zeiten für den BVB. Wir hatten viele verletzte Spieler. Unser Trainer, der Niederländer Bert van Marwijk, der auch 2010 Holland ins WM-Finale führte, hatte das richtige Konzept, weil ich gut flanken konnte. Er wollte, dass ich den tschechischen Stürmer Jan Koller mit Bällen versorge. Er sagte mir: 'Du weißt, dass du Räume schaffen kannst. Du kannst flanken. Ich möchte, dass du dich gegen die Spieler durchsetzt, über die Flügel gehst und Flanken schlägst, dann wird Jan Koller den Ball ins Tor schießen.

Koller verletzte sich aber dann und konnte sechs oder sieben Monate lang nicht spielen, sodass ich nicht mehr auf dem Flügel spielen konnte, sondern ins Mittelfeld gezogen wurde, was mich sehr belastete. Die Erwartungen an mich als Stürmer waren sehr hoch, und ich hatte Schwierigkeiten, mit den Anforderungen auf diesem Niveau Schritt zu halten.

Zum Match-Center: Borussia Dortmund vs. Ulsan HD

F: Der BVB war zu dieser Zeit hoch verschuldet. Wie hat sich das auf den Verein ausgewirkt?

A: Wir Spieler mussten Gehaltskürzungen hinnehmen. Viele Spieler hatten in Dortmund viel Geld verdient, und es gab viel Unzufriedenheit in der Umkleidekabine. Als junger Spieler kam ich meiner Meinung nach zur falschen Zeit. Es lief nicht gut für mich, und die Fans machten mir das Leben schwer.

Ich konnte in Dortmund nicht einmal spazieren gehen, weil die Fans wegen der schlechten Leistungen unzufrieden waren und mir das auch deutlich zu verstehen gaben. Der BVB ist ein großer Verein. Von mir wurde erwartet, dass ich Leistung bringe, und das habe ich nicht getan. Ich habe mein "Mojo“, sowie Technik und Stil verloren. Vieles davon war mental. Ich musste gehen und bat den Verein, mich auszuleihen. Der Wechsel nach Basel konnte nicht früh genug kommen. Der Gewinn des Schweizer Pokals war nach den Herausforderungen beim BVB eine Offenbarung: Buckley war zurück.

F: Sie spielten in Ihrer ersten Saison (2005/06) mit hochkarätigen Spielern wie Koller, Sebastian Kehl, Florian Kringe, Christoph Metzelder und Ebi Smolarek. Wie waren die Gruppendynamik damals?

A: Ich war sehr, sehr gut mit Jan Koller befreundet. Er ist ein toller Kerl. Ebi Smolarek hatte eine erstaunliche Arbeitsmoral und schoss einige großartige Tore; er ging mit gutem Beispiel voran. Außerdem war Florian Kringe ein großartiger Teamkollege und Freund. Das sind die Personen, die mir beim BVB die Tricks des Handwerks beigebracht haben. 

Als Spieler hat es für mich erst 2007/08 richtig geklickt, als ich von Basel zurück zur Borussia kam. Der Verein war ein anderer als das, was man heute sieht. Thomas Doll hatte das Traineramt übernommen, und der BVB wollte mich zurückhaben. Mitspieler wie Sebastian Kehl haben mich wieder ins Herz von Borussia zurückgebracht. Als ich nach Dortmund zurückkehrte, wurde mir klar, was ich zu tun hatte, wie ich mich verhalten sollte und wie ich spielen musste. Dann begannen auch die Fans beim BVB wieder, mich zu mögen; das war etwas Besonderes.

"Ich war der Mentor von Mats Hummels"

F: In dieser Saison kam ein 17-jähriger Spieler auf Leihbasis vom FC Bayern München. War Mats Hummels' Talent in dieser ersten Saison schon erkennbar?

A: Mats Hummels war noch sehr jung. Ich holte ihn jeden Tag von seiner Wohnung ab, um ihn zum Training zu bringen, und brachte ihn anschließend wieder nach Hause, sodass wir uns ziemlich nahe kamen. Er war unerfahren, aber ein sehr cleverer Spieler. Ich war sein Mentor. Ich brachte ihm bei, wie man ein Profi wird. 

Mats ist ein sehr bodenständiger und geselliger Mensch. Als er damals zu uns kam, spielte er meiner Meinung nach auf der falschen Position. Sie versuchten, ihn als Sechser einzusetzen, aber Hummels war nie ein Sechser. Erst als sie entdeckten, dass er stärker auf der Innenverteidigerposition war, nahm seine Fußballkarriere seinen Lauf.

Sein Beitrag im Team war bemerkenswert. Er begann gut zu spielen und wurde zu einem wertvollen Spieler für Borussia Dortmund. Er hätte doch nicht die Weltmeisterschaft mit Deutschland gewonnen, wenn er nicht so ein großartiger Spieler wäre, oder?

F: Saison 2007/08. Du bist zurück, spielst regelmäßig und die Fans lieben dich. An deinem 30. Geburtstag gibt es eine herzerwärmende Darbietung im Westfalenstadion, ein besonderer Tag. Was ist damals passiert?

A: Wie könnte ich das vergessen? Das war eine der schönsten Erinnerungen, eines der besten Gefühle, an die ich mich als Spieler erinnern kann. Es war nach dem Spiel gegen Bielefeld: Ich kam in der 70. Minute ins Spiel. Nach dem Spiel machte Nobby Dickel, der Stadionsprecher des BVB, eine Durchsage über die Lautsprecheranlage: 'Delron Buckley wird heute 30, haben wir ein Lied für ihn?‘

Plötzlich sangen 80.000 Menschen 'Happy Birthday‘ für mich. Wo findet man schon so viele Menschen, die einem zum 30. Geburtstag gratulieren? Für mich war das etwas ganz Besonderes, und ich danke den BVB-Fans bis heute für diese wunderbare Erinnerung.

Jürgen Klopp: "Zweifellos ein brillanter Trainer"

F: Welche Erinnerungen haben Sie an Jürgen Klopp, der 2008 zu Borussia Dortmund kam?

A: Als Trainer war er unglaublich. Er hatte eine brillante Herangehensweise. Er wusste genau, wie man eine Mannschaft motiviert. Wenn man auf dem Platz steht, kämpft man für Klopp; so gut ist er. Als Führungsfigur hat er die Spieler auf seiner Seite. Sobald er einen aufstellt, gibt man alles für ihn, weil er weiß, wie er Spieler motivieren kann, ihr Potenzial auf dem Platz auszuschöpfen.

Ich glaube, seine Stärke liegt in seiner Fähigkeit, sein psychologisches Wissen einzusetzen, um Spielern zu helfen, ihre maximale Leistung zu erreichen. Obwohl ich in meiner letzten Saison nicht viel Spielzeit hatte, ist Jürgen rückblickend zweifellos ein brillanter Trainer. Ich kann sagen, dass ich viel von ihm gelernt habe.

F: Zwischen 1998 und 2012 wurden Sie 72 Mal für Südafrika nominiert, erzielten 10 Tore und nahmen an den FIFA-Weltmeisterschaften 1998 und 2002 teil. Sie sind zudem einer der wenigen Spieler, die ihr erstes Länderspiel bei einer Weltmeisterschaft bestritten haben, als Sie 1998 in Frankreich in der 88. Minute gegen Dänemark eingewechselt wurden. Was hat es für Sie bedeutet, für 'Bafana Bafana' zu spielen?

A: Ich hatte nie erwartet, bei der Weltmeisterschaft dabei zu sein. Zur Zeit der Weltmeisterschaft 1998 spielte ich als junger Spieler beim VfL Bochum und kam kaum in der ersten Mannschaft zum Einsatz. Dennoch wurde ich in die Nationalmannschaft berufen. Ich gehörte zu einem vorläufigen 30-köpfigen Kader, der zu einem zweiwöchigen Trainingslager eingeladen wurde. Ich hätte nie gedacht, dass ich in den endgültigen 22-köpfigen Kader für die Weltmeisterschaft aufgenommen werden würde. Meine ganze Familie lebt in Südafrika. Besonders für die Familie war es etwas Spezielles, dass einer von ihnen das Land vertreten würde. Ich bin deutscher Staatsbürger und habe in eine deutsche Familie eingeheiratet, aber ich bin in Südafrika geboren und wollte für 'Bafana Bafana' spielen. Jedes Länderspiel war etwas Besonderes, ich habe auch viele der Trikots von als Erinnerung daran.

Südafrika und die Rückkehr in die Heimat

F: Der BVB spielte am Samstag bei der Klub-WM gegen die Mamelodi Sundowns aus Ihrem Heimatland. Warum haben Sie sich damals für Maritzburg United entschieden und nicht für einen Spitzenverein wie den Rekordmeister Sundowns?

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A: Als ich zurückkommen wollte, wollte ich meine Karriere tatsächlich bei Sundowns beenden. Allerdings wurde mir gesagt, dass ich zu alt sei, um zu spielen. Ich war 35. So kam ich stattdessen zu Maritzburg United. Und dann wurde ich in der ersten Saison gleich vier Mal zum Mann des Spiels gewählt.

F: Sie haben die UEFA-B-Trainerlizenz erworben und leiten nun ihre eigene Fußballakademie. Was sind Ihre Ziele als Trainer? Warum haben Sie die Akademie gegründet?

A: Bei meiner Rückkehr nach Südafrika am Ende meiner Karriere wurde mir bewusst, wie groß die Lücke in der Entwicklung junger Spieler hier ist. Vielen Spielern wird nicht beigebracht, wie man den Ball stoppt, wie man einen Ball diagonal spielt oder wie man sich mit dem Ball richtig dreht. Deshalb habe ich beschlossen, die Delron Buckley Soccer School zu gründen. Ich bringe den Kindern die Grundlagen bei und helfe ihnen, ihre Fitness zu verbessern.

Wir haben außerdem eine Partnerschaft mit Manchester United. Zweimal im Jahr bringe ich 22 Kinder zu einem einwöchigen Trainingslager nach Manchester, wo Ryan Giggs, Nicky Butt und Phil Neville sie trainieren. Sie spielen gegen Amateurmannschaften ihrer Altersklasse in England. Ich habe auch eine Partnerschaft mit Mike Clegg, der Cristiano Ronaldo trainiert hat. Hoffentlich werden durch diese Initiative das ein oder andere südafrikanische Talent entdeckt.