Stefan Kuntz schaute streng. "Die Bundesliga ist kein Kindergarten", sagte der Sportvorstand des Hamburger SV, die Rückkehr auf die große Bühne werde für den Traditionsklub steinig, mühsam, stressig. Es braucht keiner zu glauben, "dass wir einfach mal so Heidenheim hier zu Hause wegpusten", sagte Kuntz und schwor Hamburg schon vor dem ersten Spieltag auf Abstiegskampf ein.
Nach sieben Jahren in der 2. Liga sei das Ziel erst einmal "definitiv der Klassenerhalt", sagte Kuntz, der den HSV mit Trainer Merlin Polzin derzeit für das Bundesliga-Comeback ordentlich umkrempelt. Aufstiegshelden wie Angreifer Davie Selke verlassen den Klub, neue Stars sollen kommen, die Spielweise muss sich für die "brutale Wirklichkeit" verändern.
Kritik an Laufleistung und Defensivarbeit
"Wir haben in der Analyse der Vorsaison festgestellt, dass wir mit allen Laufdaten abgeschlagen auf Platz 18 in der Bundesliga gelandet wären. Was die Intensität angeht, werden wir extrem viel abverlangt bekommen", sagte Kuntz bei seiner Saisonauftakt-Pressekonferenz: "Wir müssen nicht nur verteidigen lernen, sondern auch verteidigen wollen. Und es am Ende dann auch tun. Wenn wir das nicht machen, dann wird es ganz schwer."
Und die Mannschaft wird für die neuen Anforderungen ordentlich umgekrempelt. Unter anderem soll Yussuf Poulsen (31) von RB Leipzig Selke ersetzen, der Transfer sei nur noch eine Frage "von drei, vier, fünf Tagen", sagte Kuntz, der Däne gilt als Pressing-Spezialist. Poulsen wisse, "was man tun muss, um drinzubleiben. Er weiß auch, wie offensiv zu attackieren ist."
Zudem holte der HSV schon die Spielzerstörer Nicolás Capaldo von Red Bull Salzburg und Nicolai Remberg (Kiel), sowie Angreifer Rayan Philippe (Braunschweig), Innenverteidiger Jordan Torunarigha (Gent) und Torwart-Talent Fernando Dickes (Leipzig).
Kaderplanung noch nicht fertig
Die Fans werden einen anderen, neuen HSV zu sehen bekommen, wenn ihr Klub am 23. August in der Bundesliga bei Borussia Mönchengladbach loslegt. "In den sieben Jahren in der 2. Liga gab es viel Ballbesitzfußball und überwiegend Siege. Das war schön anzusehen. Doch das wird sich etwas drehen", sagte Kuntz, der in Kürze den Vertrag mit Polzin verlängern wird: "Auch das Kämpfen muss eine Tugend des HSV sein. Wir müssen uns zum Teil neu erfinden."
Um auch mal "eklig" und "kratzbürstig" daherzukommen, ist Kuntz noch mit "sechs bis acht Spielern" im Gespräch. Unter ihnen ist auch Armel Bella-Kotchap, der Innenverteidiger vom FC Southampton hatte unter dem ehemaligen Bundestrainer Hansi Flick 2022 sein Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert.
"Wir sind mit der Kaderplanung noch nicht dort, wo wir hinwollen", sagte Kuntz, alles ist auf das Ziel Klassenerhalt ausgerichtet: "Anders als noch im Winter suchen wir weniger ein Talent, das uns in einem halben Jahr weiterhilft, sondern vor allem Spieler, die uns sofort auf dem Platz helfen." Denn die Bundesliga ist ja kein Kindergarten.