FlashFocus: Trainer-La Masia Mainz 05 – Nächstes Ziel Champions League?

FlashFocus: Mainz 05 ist unter Bo Henriksen auf dem Weg in die Champions League.
FlashFocus: Mainz 05 ist unter Bo Henriksen auf dem Weg in die Champions League.RONNY HARTMANN/AFP / Flashscore
Es gibt Städte, die für ihre kulinarischen Spezialitäten bekannt sind – München für Weißwürste, Köln für Kölsch und Mainz? Nun ja, Mainz ist bekannt für exzellente Fußballtrainer. Wer hätte das gedacht? Seit über einem Jahrzehnt exportiert der FSV Mainz 05 Coaches von Weltformat: Jürgen Klopp und Thomas Tuchel stehen über allem, doch auch der spätere dänische Nationaltrainer Kasper Hjulmand und der letztjährige MLS-Finalist Sandro Schwarz sind von der Arbeit beim selbsternannten Karnevalsverein geprägt. Doch was steckt hinter dieser scheinbar endlosen Erfolgsgeschichte?

Als Bo Henriksen am 12. Februar 2024 als neuer Trainer von Mainz 05 vorgestellt wurde, fragten sich viele: Wer ist dieser wilde Däne mit den langen Haaren und dem unbändigen Enthusiasmus? Innerhalb von 12 Monaten hat er nicht nur seinen Namen in Mainz verewigt, sondern auch eine abgeschriebene Mannschaft in eine Kämpfertruppe verwandelt, die sich mit einigen klugen Transfers und einer mitreißenden Spielweise vom Abstiegskampf in die Champions League spielen könnte.

Ich glaube nicht an Glück“, sagt er. „Ich glaube an Leistung.“ Und diese Leistung ließ nicht lange auf sich warten. Stürmer Jonathan Burkardt ist trotz vieler Verletzungen bis ins Nationalteam vorgestoßen, Regisseur Nadiem Amiri gehört inzwischen zu den besten Spielern der Bundesliga. Die einst verunsicherte Defensive um Torwart Robin Zentner wirkt plötzlich stabil. Henriksen hat den Mainz-Geist wiederbelebt.

Die Fußstapfen von Wolfgang Frank

Der Ursprung dieser Trainer-Dynastie reicht allerdings auf eine Zeit weit vor dem 50-Jährigen zurück: und zwar bis in die späten 90er-Jahre, als ein gewisser Wolfgang Frank den Verein umkrempelte. Während andere Klubs noch an der Manndeckung und dem Aufbau über den Libero festhielten, führte Frank in Mainz das Pressing und die Raumdeckung ein – ein Konzept, das sich tief in die DNA des Vereins einprägte. 

Einer seiner Schüler: Jürgen Klopp. Dieser übernahm 2001 das Traineramt in Mainz, nachdem seine Spielerkarriere abrupt endete. Der Rest ist Geschichte: Aufstieg in die Bundesliga, später zwei Meisterschaften mit Dortmund, Champions-League-Sieg mit Liverpool. Nach dem Tod von Frank im Jahr 2013 zeigte sich Klopp sichtlich erschüttert: „Ein großartiger Trainer, ein großartiger Mensch und ein ganz, ganz großer Verlust für die Fußballwelt. Er hätte noch viel zu sagen gehabt."

Klopp übergab das Trainerzepter 2009 an Thomas Tuchel – einen Taktikfuchs, der schon damals für seine detailversessene Arbeit bekannt war. Tuchel formte die legendären "Bruchweg-Boys" (benannt nach dem ehemaligen Stadion am Bruchweg) um André Schürrle, Lewis Holtby und Adam Szalai, bevor er den nächsten Karrieresprung zu Borussia Dortmund machte. Heute steht er als erster Deutscher bei der englischen Nationalmannschaft an der Seitenlinie, nachdem er Weltvereine wie Paris Saint-Germain und die Bayern trainierte. 2021 gewann er mit dem FC Chelsea gar die Champions League, sein taktischer Stil ist dabei immer noch stark beeinflusst von den Prinzipien, die er in Mainz verinnerlichte.

Auch wenn Tuchel und Klopp in Sachen internationales Renommee herausragen, so gibt es weitere Beispiele für erfolgreiche Ex-05er auf der Trainerbank: Kasper Hjulmand stieg nach seiner Zeit in Deutschland zum Cheftrainer der dänischen Nationalmannschaft auf und führte „Danish Dynamite“ bei der Europameisterschaft 2021 sensationell ins Halbfinale. Sandro Schwarz trainierte die Rheinhessen von 2017 bis 2019, im vergangenen Dezember stand er kurz vor dem Gewinn der nordamerikanischen Profiliga MLS und scheiterte mit seinen New York Red Bulls erst im Playoff-Finale an LA Galaxy.

Mainz als Brutstätte für Erfolgstrainer

Doch warum bringt gerade Mainz so viele Erfolgstrainer hervor? Zum einen liegt es an der Klubphilosophie: Mainz 05 gibt Trainern früh Verantwortung, alle vier genannten Coaches waren bei ihrer Amtseinführung unter 45 Jahre alt. Zudem hat der FSV keine Angst vor taktischen Innovationen und wird nicht durch eine zu starre Vereinsphilosophie gehindert. Der Trainer und sein Team können sich an aktuelle Entwicklungen in der Fußballwelt anpassen und ihren Spielstil immer wieder neu erfinden.

Zum anderen herrscht in der Stadt eine gewisse Bodenständigkeit – hier können sich Trainer ohne übermäßigen Druck entwickeln. Auch bei Schwächephasen wird beim FSV lange am Übungsleiter festgehalten, Schnellschüsse in Form von verfrühten Trainerentlassungen sind im Gegensatz zu vielen Bundesliga-Konkurrenten völlig unüblich. Wer sich in Mainz bewährt, ist bereit für die große Bühne.

Ob Bo Henriksen der nächste Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel wird? Diese Vergleiche interessieren ihn nicht. Fest steht: Der Däne hat Mainz 05 zur derzeit viertbesten Mannschaft Deutschlands geformt und ist auf dem besten Weg, die Königsklasse nach Rheinhessen zu bringen. Das haben selbst seine großen Vorgänger nicht geschafft.