Ziemlich genau ein Jahr liegt Xabi Alonsos Meisterstück inzwischen zurück. Die internationale Presse verneigte sich vor einem exzellenten Coach, nachdem er mit Bayer Leverkusen chancenlose Bayern gedemütigt und deren damaligen Trainer Thomas Tuchel überlistet hatte.
Die 3:0-Gala aus dem Februar 2024 ebnete den Weg zum Titel, Alonso war in aller Munde. Knapp zwölf Monate später, muss sich der Spanier aber unangenehmere Fragen stellen lassen.
Hat Alonso, dem bislang fast alles gelungen ist, etwa leichtfertig die Meisterschaft verzockt? Und das ausgerechnet vor dem Wiedersehen mit den Münchnern? Der Bayer-Coach schüttelte energisch den Kopf. Seine Mega-Rotation (acht Wechsel) beim 0:0-Unentschieden in Wolfsburg seien nicht das Problem gewesen, sagte der Spanier voller Überzeugung.
Allerdings: Das Titelrennen in der Fußball-Bundesliga ist durch den Patzer in der Autostadt in weite Ferne gerückt. Das Topspiel am Samstag gegen den FC Bayern (18:30 Uhr/LIVE in der Flashscore-Audioreportage) ist der letzte Strohhalm, an den sich der deutsche Meister noch klammern kann. Acht Punkte Rückstand hat man auf den Tabellenführer aus München.

Um den Vizekusen-Fluch nicht wieder aufleben zu lassen, muss Alonso tief in die Trickkiste greifen.
Match-Center: Leverkusen vs. Bayern
Ruhige Ausstrahlung
In Wolfsburg wurde Florian Wirtz geschont und erst nach einer Stunde eingewechselt. Der 21-Jährige sei natürlich "sehr wichtig für uns, aber wenn der Trainer mal entscheidet, dass er nicht von Beginn an spielt, dann ist das so", betonte Führungsspieler Granit Xhaka bei Sky. Ohnehin imponiere den Spielern Alonsos "Ruhe, die er immer hat – egal, ob es gerade schlecht oder gut läuft".

Die Tabelle sei uninteressant, betont Alonso in hübscher Regelmäßigkeit. Doch kampflos wird der Baske die Titeljagd nicht beenden. Hoffnung macht die direkte Bilanz: Alonso hat noch kein Spiel gegen die Bayern verloren, in fünf Partien feierte man drei Siege, zweimal endete das Aufeinandertreffen mit einem Unentschieden.

Hoffnung auf langfristigen Verbleib
Welche Lehren der 43-Jährige aus Wolfsburg zieht, bleibt abzuwarten. Alonso habe "ein Team um sich, wo er ein großes Vertrauen spürt und die Möglichkeit hat, auch zu wachsen in seiner Trainerkarriere", sagte Sportchef Simon Rolfes. In Leverkusen zweifeln sie ohnehin nicht an ihrem Double-Coach.
Nur zu gerne würden die Verantwortlichen einen der begehrtesten Trainer Europas langfristig binden, über den Sommer – und vielleicht über das Vertragsende 2026 hinaus? Auch, weil dies die Chance auf einen Verbleib von Stars wie Wirtz durchaus erhöht. "Wir gehen davon aus, dass er bleibt. Es gibt keine anderen Signale und keine anderen Anzeichen", sagte Geschäftsführer Fernando Carro dem Kölner Stadt-Anzeiger zu Jahresbeginn.
Nachdem Alonso sich im März 2024 zu einer weiteren Bayer-Saison bekannt und den Bayern sowie dem FC Liverpool abgesagt hatte, richten sich viele Blicke auf Real Madrid. Der Ex-Profi (2009–2014) soll ganz oben auf dem Zettel der Madrilenen stehen, obwohl es deutlich ruhiger geworden ist, was Alonsos Zukunft angeht.
Carlo Ancelotti will wohl noch lange bei Real weitermachen, vieles deutet dieser Tage auf ein weiteres Alonso-Jahr bei Bayer hin – ganz zur Freude der Leverkusener. Trotz vermeintlich überflüssiger Rotationen in Wolfsburg.
