Lediglich knappe Mehrheit: Watzke neuer Präsident von Borussia Dortmund

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Hans-Joachim Watzke am Sonntag.
Hans-Joachim Watzke am Sonntag.ČTK / imago sportfotodienst / Dennis Ewert/RHR-FOTO

Dreierpacker Deniz Undav verdirbt dem BVB die Stimmung vor der Mitgliederversammlung. Hans-Joachim Watzke wird tags drauf mit knapper Mehrheit zum Präsidenten gewählt.

Am Tag nach dem nächsten sportlichen Rückschlag zeigte Borussia Dortmund innere Zerrissenheit. Nach einem schmutzigen Wahlkampf und neuen Vorwürfe machten die Mitglieder auf der Jahreshauptversammlung den bisherigen Profi-Boss Hans-Joachim Watzke zwar zum neuen BVB-Vereinspräsidenten, verpassten ihm aber mit nur 59 Prozent Zustimmung einen deutlichen Denkzettel.

"Künftig muss ich weniger Entscheidungen treffen, aber mehr moderieren", sagte der 66-Jährige, der nach mehr als 20 Jahren die Geschäftsführung der Fußball-KGaA abgab. Auch kündigte er Unterstützung für den Kampf der Fanszene gegen geplante schärfere Sicherheitsmaßnahmen an: "Wir sind in dieser Frage nah beieinander."

Laute Buhrufe nach der Wahl

Er wolle "ein Präsident für alle" sein, betonte Watzke, der den Traditionsklub 2005 vor der Insolvenz bewahrte und zu einem Stammgast in der Champions League machte. Gleichzeitig kündigte er "lückenlose" Aufklärung der Missbrauchsvorwürfe an, die vor wenigen Tagen öffentlich geworden waren: "Wenn man das gelesen hat, wird einem einfach nur schlecht."

Trotz öffentlicher Streitigkeiten im Vorfeld erntete der Multifunktionär von DFB, DFL, UEFA und BVB zunächst viel Applaus in der Westfalenhalle, doch es gab auch deutliche Kritik am Umgang mit dem Fall sowie an Watzkes Wahl ohne Gegenkandidat. Nach der Wahl gab es laute Buhrufe.

Mit freundlichem Beifall wurden die Profis um Kapitän Emre Can empfangen, obwohl das enttäuschende 3:3 (2:0) gegen den VfB Stuttgart die Stimmung verdorben hatte.

Sportlich kein perfektes Wochenende

Den Partycrasher gab der Dreierpacker Deniz Undav - durch ein Tor im "Gerd-Müller-Style", wie er selbst feststellte. "Ball kriegen, Arsch raus, durch die Beine - die Tore sind mir am liebsten", sagte der 29-Jährige über den Ausgleich in der Nachspielzeit (90.+1), den er so ganz im Stile des "Bombers der Nation" erzielt hatte.

Schon zuvor hatte er das Dortmunder 0:2 durch Treffer von Can mit einem von ihm verursachten Foulelfmeter (34.) und Beier (41.) wettgemacht - erst spektakulär mit dem Rücken zum Tor (47.), dann gedankenschnell mit der Fußspitze (71.). Doch das 3:3 gefiel dem Nationalspieler, der zuletzt von Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht berücksichtigt worden war, am besten: "Ein typisches Stürmertor."

Damit verhinderte Undav auch eine Geschichte, die dem BVB vor der JHV wohl deutlich besser gefallen hätte: Karim Adeyemi wäre ohne den Last-Minute-Ausgleich nach seinem späten Tor zum 3:2 (89.) zum Matchwinner geworden - ausgerechnet nach dem Wirbel um seine Verurteilung wegen illegalen Waffenbesitzes.

"Sind noch dort, wo wir sein wollen"

Trainer Niko Kovac, der den Nationalspieler nach dessen Ärger mit der Justiz wegen einer im Internet bestellten "Mystery Box" nicht "verbannen" wollte, hatte ihn zur Schlussphase eingewechselt - und bekam, was er erhofft hatte. "Er hat der Mannschaft geholfen und genau das gezeigt, was er kann", lobte der Coach, "die Geschwindigkeit, das Tempo, die Geradlinigkeit, das ist das, was ihn auszeichnet."

Wegen Undav herrschte in Dortmund nach dem Schlusspfiff aber Enttäuschung. Den Start in den stressigen Jahresendspurt mit acht Spielen bis Weihnachten - sechs davon zu Hause - hatten sich Kovac und Co. nach den Reisestrapazen der vergangenen Wochen ganz anders vorgestellt. "Wir müssen die Spiele besser nach Hause bringen", forderte Kovac, wollte aber nichts davon hören, dass man am Boden sei: "Wir sind noch dort, wo wir sein wollen, oben. Und am Ende werden wir auch oben bleiben."

Zum Match-Center: Borussia Dortmund vs. VfB Stuttgart