Kommentar: Die roten Teufel - Nur eingeschränkt erstligareif

Der FCK bewahrt durch den Sieg gegen Darmstadt seine Aufstiegschancen, die jedoch verschwindend gering ausfallen.
Der FCK bewahrt durch den Sieg gegen Darmstadt seine Aufstiegschancen, die jedoch verschwindend gering ausfallen.ČTK / DPA / Uwe Anspach
Rot-weiße Nebelschwaden ziehen bis auf den letzten Platz auf der Pressetribüne, die Luft riecht verbrannt, so wie das eben auf dem legendären Betzenberg ist. In der roten Hölle von Kaiserslautern ist schon so manch große Mannschaft gescheitert. Neudeutsch würde man sagen: Dieser Ort hat „Aura“. Eine Aura, die nur wenig mit der 2. Bundesliga, dem immerhin besten Unterhaus der Welt, zu tun hat. Dass Kaiserslautern in der kommenden Saison dennoch nur die zweite Geige spielt, hat viele Gründe, wenn auch weniger sportliche oder stadionatmosphärische. Eine kommentierende Analyse. 

Trotz des Sieges gegen den SV Darmstadt 98 ist der Aufstieg für den FCK in (weite) Ferne gerückt. Die roten Teufel benötigen am letzten Spieltag einen Sieg bei den noch nicht sicher aufgestiegenen Kölnern, während Elversberg (auf Schalke) und Paderborn (im Karlsruher Wildpark) verlieren müssen und Düsseldorf maximal einen Punkt gegen Magdeburg holen darf. Aus realistischer Perspektive nicht unmöglich, jedoch schwer vorstellbar. 

Match-Center: 1. FC Kaiserslautern vs. SV Darmstadt 98

Intern war die Erwartungshaltung auf dem „Betze“ schon zu Saisonbeginn klar. Vom Aufstieg träumte man: In einer zweiten Liga mit Vereinen wie dem 1. FC Köln, dem Hamburger SV, Hannover 96, Fortuna Düsseldorf, Schalke 04 und Hertha BSC Berlin. Man mag anmerken, dass einige dieser Clubs andere Probleme haben. Dennoch sind alle von ihnen (noch) eine Nummer größer und etablierter als die Kaiserslauterer. Träumen ist wichtig und sollte erlaubt sein. Dennoch: vom Aufstieg zu träumen, das war und ist aktuell eine Nummer zu groß für das nach Insolvenzverfahren und 3.Liga-Aufenthalt wiedererstarkende Lautrer Pflänzchen.

Ein Spiel als Spiegelbild der Saison

Durch die Verpflichtung von Markus Anfang als Cheftrainer zu Beginn der Saison kaufte man nicht nur einen großen Namen, sondern zugleich auch die Erwartung nach spielerischer Weiterentwicklung ein. Diese war ohne Zweifel auch zu erkennen, Kaiserslautern verbesserte sich vor allem im Spiel mit dem Ball deutlich, ehe in der Rückserie eine Stagnation eintrat. 

Zurück in die Gegenwart: Der Auftritt gegen Darmstadt wies sehr viele Parallelen zum Saisonverlauf der roten Teufel auf. Durchwachsener Start, starke Phase bis zur Halbzeit, gegen Ende gingen die Körner aus. Gegen Darmstadt reichte das, wenn auch knapp, zum Sieg. Ein Zeichen für das Aufstiegsrennen? Zwischenzeitlich hatten starke Leistungen die Lautrer sogar auf einen direkten Aufsteigsplatz gespült.

Der Zusammenhalt ist ein wichtiges Merkmal des FCK.
Der Zusammenhalt ist ein wichtiges Merkmal des FCK.Thomas Lambrich

Aktionismus im Management gefährdet die Vereinsziele

Als dennoch wenig geduldig hatte sich die Vereinsführung um Thomas Hengen schon seit längerer Zeit erwiesen. Ein Knick in der Leistungskurve und die folgende deutliche Ergebniskrise war zu viel. Markus Anfang, der Hoffnungsträger vor Saisonbeginn, musste seinen Hut nehmen.

(Zu) wenig Geduld, das ist und bleibt das Problem der Vereinsführung. Die Erwartungshaltung wurde falsch gemanagt. Man vergas, wo man kurzfristig herkam: dem hinteren Mittelfeld der 3. Liga. Aus dem Traum vom Bundesligaaufstieg wurde eine fixe Idee, ein Ziel. Ein Ziel, das auch immer mehr in die Öffentlichkeit sickerte und das mehr und mehr in Gefahr geriet. Ein Ziel, mit dem man der Mannschaft und auch dem Trainer keinen Gefallen tat. 

Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit Anfang übernahm mit Torsten Lieberknecht der nächste namhafte Coach. Ein Ex-Lautrer, der sich voll und ganz mit dem Projekt identifiziert. Für die (Führungsetage der) roten Teufel war der Trainerwechsel kurz vor Saisonende ein schwaches Zeichen.

Fazit: Nicht erstligareif.

Qualität im Kader ist da, es gibt jedoch Luft nach oben

Mit Markus Anfang ging ein hoch qualifizierter Fußballlehrer. Ein Trainer, der (un)eingeschränktes Erst-Ligaformat hat, nicht umsonst stand er in Bremen vor seiner ersten Station im Oberhaus. Aus der Kaiserslauterer Truppe machte er eine gute Mannschaft. In ihr spielen Einzelspieler, die (un)eingeschränkt in der ersten Liga mitspielen könn(t)en. Nicht umsonst haben Ragnar Ache, Daniel Hanslik, Daisuke Yokota, Filip Kaloc, Luca Sirch, Marlon Ritter oder auch Julian Krahl das Interesse aus dem Oberhaus auf sich gezogen oder bereits Angebote auf dem Tisch liegen.

Allen fehlt aber dieses gewisse Etwas zu einem gestandenen Bundesliga-Profi: Ache die Robustheit gegen Verletzungen, Ritter die Fitness, Krahl der Spielaufbau und die Strafraumbeherrschung. Auf anderen Positionen im Kader hingegen, vor allem in der Defensive, fehlt die Breite und eine klare Spitze. Leistungsträger sind nur ausgeliehen und somit keine nachhaltige Kaderoption.

Fazit: Eingeschränkt erstligareif.

Der Betzenberg und seine Weltklasse-Fans

Mit ein Grund dafür, dass man in Kaiserslautern überhaupt vom Aufstieg träumen kann, ist die numerische Überlegenheit auf dem Feld. In mindestens der Hälfte aller Spiele der Saison. Auf jeden Fall in jedem Spiel vor heimischer Kulisse. Was die Fans auf dem berühmtesten Fußballberg im Pfälzer Wald und dem höchsten Fußballberg Deutschlands im Zwei-Wochen-Rhythmus abliefern, ist mehr als erstligareif. Das klingt nach internationalem Geschäft. Einige Bundesligisten können von so einer Kulisse, Auslastung und Stimmung betreffend, nur träumen. 

Die Fans des FCK beim Spiel gegen Darmstadt.
Die Fans des FCK beim Spiel gegen Darmstadt.Thomas Lambrich

Fazit: Unbedingt erstligareif.

Es ist Zeit für Kaiserslautern, den Weg zurück in die Bundesliga zu gehen. Wenn es nach der Vereinsführung ginge, hätte es bereits dieses Jahr passieren sollen. Nachhaltig wäre dies jedoch nicht, in entscheidenden Bereichen fehlt (noch) die Tauglichkeit für das raue Fahrwasser Bundesliga. Die kommende Saison bietet eine bessere Möglichkeit für den lang ersehnten Aufstieg. Der HSV und (wahrscheinlich) die Kölner Geißböcke haben den Sprung ins Oberhaus geschafft. Die Konkurrenz in der nächsten Spielzeit wird schwächer, respektive weniger zahlreich als noch in dieser Saison, sein. Und Torsten Lieberknecht weiß, wie man aufsteigt. Mit dem heutigen Gegner aus Darmstadt hat er es bewiesen.