"Alle brennen": Überwindet der Hamburger SV sein Aufstiegstrauma?

Merlin Polzin und sein HSV "brennen" auf den Aufstieg.
Merlin Polzin und sein HSV "brennen" auf den Aufstieg.ČTK / imago sportfotodienst / Florian Ulrich
Es ist alles angerichtet für die große Aufstiegsexplosion. Flutlichtatmosphäre im Volkspark, eine bis in die Haarspitzen motivierte Mannschaft und 57.000 elektrisierte Fans - gekommen, um endlich ihr Trauma zu überwinden und den Hamburger SV zurück in die Bundesliga zu peitschen. Er wolle ein Heimspiel sehen, "dass der Volkspark in dieser Lautstärke noch nicht erlebt hat", sagt Trainer Merlin Polzin.

Schließlich geht es für den Traditionsklub am Samstagabend gegen den Aufsteiger SSV Ulm (20.30 Uhr/Sky und Sport1) um nicht weniger als den Wiederaufstieg nach sieben Jahren Erstliga-Abstinenz. 2555 Tage wartet der ehemalige Bundesliga-Dino, der seine jahrzehntelange Unabsteigbarkeit einst mit einer riesigen Stadionuhr zelebrierte, auf die Erlösung.

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"Die Stadt und alle HSVer brennen auf dieses Spiel", weiß Polzin - mehr als 100.000 Tickets hätte der Verein verkaufen können.

Die Fans spüren, dass es diesmal wirklich klappen könnte, in der fußballbegeisterten Hansestadt knistert es seit Tagen. Die Ausgangslage ist prächtig: Mit einem Sieg am 33. Spieltag wäre der Aufstieg perfekt, möglicherweise reicht gegen den Abstiegskandidaten, dem Polzin eine im besten Sinne "eklige" Spielweise attestiert, auch ein Unentschieden. Es gehe nicht darum, "ein Spektakel abzuliefern", sagt der Coach - "es geht darum, bereit zu sein im Kopf, in den Beinen, aber vor allem im Herzen. Und das sind die Jungs."

"Glaube ist maximal vorhanden"

Polzin will so kurz vor der Entscheidung Ruhe ausstrahlen. Der 34-Jährige ist so etwas wie das leuchtende Symbol für den neuen Erfolgsweg des HSV. Nachdem jahrelang große Namen wie Steffen Baumgart trotz (oder auch wegen?) ihres kernigen Auftretens gescheitert waren, könnte nun ausgerechnet der No-Name, der einstige Co-Trainer, der Hamburger Jung aus Bramfeld, das Ziel erreichen. Gemeinsam mit dem Team-Architekten Stefan Kuntz hat es Polzin geschafft, die Fans hinter zu vereinen - und die Mannschaft zu stabilisieren.

Das wurde vergangene Woche eindrucksvoll deutlich. Nach drei Spielen ohne Sieg hatte man sich wieder sorgen müssen um den HSV, doch weil die Konkurrenz das Aufstiegs- zu einem Schneckenrennen verkommen ließ, reichte ein einziger Sieg, um die Zweifel zu zerstreuen. "Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie bereit ist für Drucksituationen. Je härter der Rückschlag war, desto besser sind wir zurückgekommen", lobte Polzin: "Wir haben absolut keine Angst, der Glaube ist maximal vorhanden."

Sollte dem wirklich so sein, wäre das eine nicht zu unterschätzende Leistung der Verantwortlichen. Immerhin hat der HSV das Scheitern in seiner unrühmlichen Zweitligazeit zur Kunstform erhoben. Stolze viermal beendeten die Hamburger, oftmals nach einem späten Einbruch, die Saison auf dem vierten Tabellenrang - zweimal verloren sie in der Relegation. Besonders traumatisch war es 2023, als die Fans in Sandhausen im Siegestaumel den Platz stürmten, der Konkurrent aus Heidenheim aber dank zweier Tore in der Nachspielzeit noch vorbeizog.

Das alles wollen sie nun vergessen machen - mit Hilfe eines prominenten Glücksbringers. Er drücke fest die Daumen, sagte Bayern-Coach und Ex-HSV-Profi Vincent Kompany: "Ich würde nächste Saison gerne zweimal nach Hamburg fliegen." Sein Kollege Polzin ließ sein Team am Freitag derweil schonmal im Volkspark trainieren. Dort, wo tags darauf alle Dämme brechen könnten.