Jüngster WM-Kapitän seit 1971: Moritz Seider ist "reifer", als es der Pass sagt

Moritz Seider geht trotz jungen Alters vorweg.
Moritz Seider geht trotz jungen Alters vorweg.ČTK / DPA / Christoph Reichwein
Moritz Seider zog schon mal das WM-Trikot mit dem "C" über. Vorerst nur zum Fotoshooting, denn bis zum ersten Spiel in Herning sind noch ein paar Tage Zeit. In "große Fußstapfen" tritt der NHL-Star, "es ist eine tolle Sache. Aber auch nur ein Buchstabe, mehr nicht", betonte der 24-Jährige. Ein bisschen mehr wohl doch: Seider ist der jüngste WM-Kapitän der Eishockey-Nationalmannschaft seit über 50 Jahren.

Ob Moritz Müller, der erstmals seit 2012 bei einer Weltmeisterschaft fehlt, Christian Ehrhoff, Marcel Goc, Marco Sturm, Dieter Hegen, Gerd Truntschka, Udo Kießling oder Erich Kühnhackl - auch die prominentesten seiner Vorgänger waren deutlich älter, als sie die wichtigste Führungsrolle übernahmen. Nur Alois Schloder war bei der WM 1971 mit 23 ein halbes Jahr jünger als Seider jetzt.

Zum Match-Center: Deutschland vs. Ungarn

Doch darauf kommt es gar nicht an, meint Bundestrainer Harold Kreis. Denn eigentlich wirkt der beste deutsche Verteidiger schon älter. "Ich kenne Moritz persönlich ja noch nicht so lange, aber jedes Mal, wenn ich ihn getroffen habe, habe ich gedacht: Er ist ein reifer Mann. Auch schon vor Jahren", sagte Kreis vor dem WM-Auftakt am Samstag (16.20 Uhr/Pro7 und MagentaSport) dem SID.

"Er ist jemand, der das Gefühl gibt, dass er die Verantwortung haben möchte, dass er sie nicht scheut, dass er sehr sorgfältig damit umgeht und wirklich immer im Sinne der Mannschaft handeln möchte. Weil er so ein ausgeprägtes Gefühl für die Mannschaft hat, möchte er eine Führungsrolle haben."

Die hatte Seider schon, als er vor zwei Jahren mit dem Team in Tampere Vizeweltmeister wurde. Auf dem Eis als der überragende Abwehrspieler der WM, jenseits der Bande als einer, der neben dem damaligen Kapitän Müller wesentlich zum legendären Teamspirit beitrug, als er seine Kollegen zum Bad im eiskalten "Heiligen See" am Hotel animierte - das auf dem Weg ins Finale zum Ritual wurde.

"Das war eine sehr coole Geschichte", erzählte Seider dem SID, "ich mache gerne ein Eisbad, irgendwann war die ganze Mannschaft dabei, das sagt viel aus."

Volles Vertrauen auch in der NHL

Dass das Geburtsdatum im Pass nicht die ganze Geschichte über ihn erzählt, haben auch die Detroit Red Wings, die Seider zum aktuell bestbezahlten deutschen Eishockeyspieler der Geschichte machten, schnell festgestellt. In seiner vierten NHL-Saison wurde er schon als "Ausbilder" eingesetzt, bekam den zwei Jahre jüngeren Schweden Simon Edvinsson an seine Seite gestellt.

Woher kommt diese frühe Reife? "Das geht schon weit zurück", sagte Seider und erinnerte an seinen Profistart in Mannheim: "Wenn man mit 16 Jahren in die Adler-Kabine geworfen wurde, musste man sich einfach benehmen, man musste funktionieren. Man hatte auf einmal mit älteren Menschen zu tun, die voll im Leben stehen." Er habe "das Kind in sich" behalten, "aber ich musste schon ein bisschen reifer agieren. Dem bin ich treu geblieben."