"Endlich geklappt": Torjäger mit Ladehemmung schießt Kölner Haie ins Finale

Justin Schütz hat sich seinen Treffer für den richtigen Moment aufgespart.
Justin Schütz hat sich seinen Treffer für den richtigen Moment aufgespart.ČTK / imago sportfotodienst / BEAUTIFUL SPORTS/Andreas Dick
Als der Puck endlich im Netz zappelte, war Justin Schütz nicht mehr einzufangen. Der Haie-Stürmer hüpfte wie ein Flummi über das Eis, befreite sich aus dem Kölner Jubelknäuel und riss im Stile eines Box-Champions die Arme hoch. Aus den Boxen dröhnte der "Kölsche Jung", 18.000 Fans grölten in Ekstase mit - und der Torjäger mit Ladehemmung konnte sein Glück kaum fassen.

"Ich habe mir die ganzen Play-offs selbst enormen Druck gemacht", gab der Matchwinner nach seinem Overtime-Treffer zum entscheidenden 3:2-Sieg im sechsten Halbfinale gegen den ERC Ingolstadt bei MagentaSport zu, "ich bin froh, dass es endlich geklappt hat." Als er in der 70. Minute allein auf das Tor zulief, dachte Schütz nur: "Den schieße ich jetzt einfach durch die Beine."

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Damit gab der 24-Jährige dem Eishockey-Krimi mit frühem Rückstand, furioser Aufholjagd und Pfosten- und Lattentreffern in der Verlängerung die besondere Pointe. Ausgerechnet Schütz, der beste deutsche Torschütze in der Hauptrunde der Deutschen Eishockey Liga (DEL), der in den K.o.-Spielen noch nicht einmal getroffen hatte, schickte die Haie in der Verlängerung ins erste Finale seit elf Jahren - und lässt Europas Zuschauerkrösus vom ersten Titel seit 2002 träumen.

"Allen tut das unheimlich gut", sagte der Vizeweltmeister von 2023 und sandte vor dem ersten Endspiel am Donnerstag (19.00 Uhr/MagentaSport) beim Rekordmeister und Titelverteidiger Eisbären Berlin gleich eine Kampfansage in die Hauptstadt: "Wir haben jetzt zweimal den Favoriten rausgehauen. Wir sind unangenehm zu spielen, Berlin weiß das. Wir sind der Underdog, aber wenn wir so spielen, dann können wir jeden schlagen, auch viermal."

Müller wartet am längsten

Nach den Siegen gegen Vizemeister Fischtown Pinguins und Hauptrundensieger ERC Ingolstadt wartet jetzt aber die größte Herausforderung: Die Eisbären haben elf Play-off-Serien in Folge gewonnen. Allerdings haben die Kölner ein gutes Omen: Bei ihren beiden Titelgewinnen in der DEL 1995 und 2002 waren sie als Vorrundensechste in die Meisterrunde gestartet - wie auch jetzt.

Das lange Warten auf den neunten Titel kennt niemand so wie Moritz Müller. Der Kapitän war kurz nach dem letzten Triumph in den Kölner Nachwuchs gewechselt, gab im Dezember 2003 sein DEL-Debüt und spielte inzwischen 1126-mal für die Haie.

Mit inzwischen 38 Jahren schrieb er eine andere Geschichte des Halbfinales. Nachdem er im vierten Duell mit der Schulter in die Bande gekracht war und die letzten Minuten auf der Bank gesessen hatte, stürzte er fünf Tage später mit derselben Seite wieder gegen die Umrandung. Nach kurzer Pause, in der ihm die Schmerzen anzusehen waren, spielte Müller diesmal weiter, wollte die Heldengeschichte aber nicht hören.

"Es geht hier gar nicht um mich, es geht um die Kölner Haie", sagte der Nationalmannschaftskapitän, "dass sie eine schwere Zeit in den letzten Jahren hatten und der Weg wieder nach oben geht." Er hatte selbst auf dem Eis miterlebt, wie der Traditionsklub 2008 und 2013 an Berlin ebenso im Finale gescheitert war wie 2014 an Ingolstadt.

Und wie der Zuschauerprimus während Corona mehr als andere ums wirtschaftliche Überleben kämpfen musste. "Jetzt geht's ins Finale", sagte Müller voller Vorfreude, Berlin sei zwar Favorit, "die wissen, wie es geht. Wir kommen da als Außenseiter hin und wollen uns nicht verstecken."