Mitnichten! "Wenn wir im Speedbereich mal alle unsere Sportler wieder dabei haben", sagt Alpinchef Wolfgang Maier, "werden wir auch dort die Talsohle durchschreiten können." Betonung allerdings auf können. Denn Maier weiß nur zu gut, wie unwägbar der alpine Skirennsport ist. Oft genug hat er Talente wegen Verletzungen verloren, viel zu oft musste er hilflos zusehen, wie Top-Fahrer zum Aufhören gezwungen waren.
Wie bei Dreßen, dem mit fünf Siegen erfolgreichsten deutschen Weltcup-Abfahrer, der im Januar 2024 sein letztes Rennen fuhr. Auch Ferstl, wie Dreßen Sieger in Kitzbühel, trat damals ab. Bei Sander, 2021 wie Baumann WM-Zweiter, ist Leistungssport aktuell "nicht machbar", wie Cheftrainer Christian Schwaiger vor dem Super-G am Donnerstag (19.00 Uhr/Eurosport und Sportschau-Stream) in Copper Mountain, dem ersten Speedrennen im Olympiawinter, berichtet.
Baumann mit Ambitionen
Wer also sind die Abfahrer, von denen Maier spricht? Nun, Baumann ist noch da - warum? "Olympiamedaille habe ich noch keine, das ist ein Grund", sagt der bald 40-Jährige und betont: "Dass das Ziel nicht ist, 20. zu werden, ist klar."
Der zweimalige Weltcupsieger hofft, "dass wir die Talsohle durchschritten haben". Nach der schwierigen Vorsaison "fühlt es sich wieder mehr an wie eine Mannschaft", sagt Baumann über das kleine Abfahrtsteam unter der Regie des neuen Speedtrainers Andreas Silberleithner. Dazu zählen auch Simon Jocher (29) und Luis Vogt (23), Letzterer fehlt nach körperlichen Problemen in Copper allerdings noch.
DSV will Talente langsam heranführen
Dass Boss Maier hoffnungsfroh in die fernere Zukunft blickt, liegt an zwei echten Newcomern: Felix Rösle und Benno Brandis. Rösle (20) fuhr bei der Junioren-WM Ende Februar 2025 als erst zweiter Deutscher zu Abfahrtsgold, Brandis (19) schnappte sich zwei Tage später als zweiter Deutscher den Titel im Super-G. Ein Jahr davor war er schon Jugend-Olympiasieger.
Beide sollen behutsam aufgebaut werden, auch sie sind in Copper nicht dabei. "Wir führen sie ran", sagt Maier, "uns bleibt nichts anderes übrig, als sensibler, umsichtiger und zielgenauer mit den Athleten umzugehen, weil wir nicht so viele hochtalentierte Sportler haben." Er warnt vor zu hohen Erwartungen. "Wenn du eine Scheinwelt aufbaust, ist es zweimal so hart für die Jungs, das zu bestätigen."
Helfen sollen ihnen und anderen Talenten auch die Helden der Vergangenheit. Ferstl gibt seine Erfahrungen als Coach am Nachwuchsleistungszentrum Berchtesgaden weiter, Dreßen ist als Co-Trainer im Europacup nah dran an Rösle und Brandis. Sein Job laut Maier: "Jeden Tag versuchen, junge Leute in den Sport zu bringen." Damit bald nicht mehr nur über alte, sondern über neue Erfolge gesprochen wird.
