Nach seiner Krönungsmesse umarmte Johannes Thingnes Bö innig den entthronten "König" Ole Einar Björndalen, dann posierten die beiden Biathlon-Ikonen gemeinsam mit der historischen 21. Goldmedaille. "Bei meiner letzten WM Geschichte zu schreiben, ist unglaublich. Ich könnte nicht glücklicher sein", sagte Bö sichtlich gerührt: "Ole ist die Legende im Biathlon. Es ist eine Ehre, jetzt vor ihm zu sein." Dieser Rekordtitel sei einer seiner "größten Siege".
"Dauert lange, bis das einer überbieten kann"
Er habe "vom König höchstselbst immer Unterstützung gespürt", führte der "Bö-minator" mit Blick auf Björndalen aus: "Ole ist immer noch ein Vorbild im Biathlon. Wenn man sieht, dass andere deinen Rekord brechen, und du nimmst es mit einem Lachen und sagst, dass es gut ist für den Sport, weil es Weiterentwicklung bedeutet, ist das einfach Größe." Bis zur Weltmeisterschaft in Lenzerheide hatten die beiden Norweger im ewigen Ranking mit 20 Goldmedaillen gleichauf gelegen.
Doch mit einem seiner "besten Sprints überhaupt" übernahm Bö bei seinen letzten Titelkämpfen die Bestmarke. Am Abend ließ er im Teamhotel den Korken einer Sektflasche knallen, die Kollegen schossen goldenes Lametta aus einer Konfettikanone. Björndalen nahm den Sturz vom Thron gelassen. "Das ist nicht so schlimm. Ich habe das erwartet. Er ist ein fantastischer Athlet, unter Druck unglaublich", sagte der 51-Jährige im ZDF. Bö habe ein "extremes Talent. Das dauert lange, bis das einer überbieten kann."
Einzigartige Karriere
Während Bö für seine 21 Titel nur 55 WM-Rennen brauchte, benötigte Björndalen für seine 20 mit 91 fast doppelt so viele. Bei der Zahl der Einzel-Goldmedaillen (11 zu 11) liegen die beiden nun gleichauf, bei der Gesamtzahl der WM-Medaillen (45 zu 39) führt der 51-Jährige noch vor Bö. Noch ein paar Chancen bleiben Bö vor seinem Karrierende nach dieser Saison. Fünf Olympiasiege, fünf große Kristallkugeln sowie im Weltcup 79 Einzel- sowie 38 Staffelsiege stehen neben seinen WM-Triumphen zu Buche.
"Er ist absolut einzigartig", schwärmte sein älterer Bruder Tarjei Bö bei NRK: "Was soll ich sagen? Er hat eine Urgewalt. Er war dieses Jahr nicht wirklich in Bestform. Aber was er im Sprint auf die Beine gestellt hat, ist das beste Rennen, das er in dieser Saison gefahren ist." Felix Bitterling lobte ihn als "fantastischen" Sportler, "läuferisch wie von einem anderen Stern unterwegs". Es sei "schon beeindruckend".
Nach den Rücktritten der Bö-Brüder am Saisonende werde Biathlon zwar "sicher weitergehen, aber es wird anders sein", prophezeite der DSV-Sportdirektor. Johannes Thingnes Bö saugt bei seiner Abschieds-WM jedenfalls nochmal alles voll auf. Er genieße jeden Triumph, so der Superstar, "als wäre es mein letzter Sieg aller Zeiten".