"Biathlon wird anders sein": Emotionaler Abschied der Bö-Brüder oder trauriges Ende?

Johannes Thingnes Bö (r.) steht vor dem Karriereende
Johannes Thingnes Bö (r.) steht vor dem KarriereendeČTK / Svoboda Jaroslav
Johannes Thingnes und Tarjei Bö wollen am legendären Holmenkollen vor Zehntausenden Zuschauern ihren Abschied feiern. Aber kann Johannes Thingnes nach Krankheit überhaupt starten?

Johannes Thingnes Bö zog sich vor seinem letzten großen Biathlon-Auftritt für ein paar Tage komplett zurück. Nach seiner vorzeitigen Abreise vom Weltcup auf der Pokljuka checkte der 31-Jährige in Oslo allein in einem Wellnesshotel ein, sammelte Kräfte für sein emotionales Karrierefinale. Doch ob der langjährige Dominator am heimischen Holmenkollen gemeinsam mit seinem Bruder Tarjei tatsächlich die große Abschiedsshow bekommt, steht noch in den Sternen.

Denn zur Unzeit plagt Johannes Thingnes Bö eine schwere Erkältung samt Fieber. Seinen Start im Einzel am vergangenen Donnerstag bereut er mittlerweile. "Im Nachhinein betrachtet, hätte ich nicht das normale Programm fahren sollen", sagte er bei NRK: "Skifahren, wenn man krank ist, ist auf die Dauer keine gute Kombination." Er hätte trotz des Zweikampfs mit Sturla Holm Lägreid um seine sechste große Kristallkugel "im Bett bleiben" müssen. Nun sei er "völlig fertig".

Drei Bewerbe zum Abschluss

Da sein erzwungener Start im Einzel den Ausfall im Massenstart auf der Pokljuka zur Folge hatte, wuchs der Rückstand auf Lägreid auf 104 Zähler an. Die Chance auf ein Happy End im Gesamtweltcup ist vor dem Sprint am Freitag (13:30 Uhr), der Verfolgung am Samstag (13:45 Uhr) und dem Massenstart am Sonntag (15:40 Uhr/jeweils ARD und Eurosport) minimal. Und doch wird der Rahmen für den "König der Biathleten" würdig sein: Die Stadiontickets sind ausverkauft, auch die norwegische Königsfamilie hat ihr Kommen angekündigt.

Ein Land verabschiedet seine Helden, eine Sportart verliert zwei der Größten aller Zeiten. Biathlon werde ohne die Bös zwar "sicher weitergehen, aber es wird anders sein", sagte DSV-Sportdirektor Felix Bitterling. "Letztes Rennwochenende meines Lebens. Let's go!", schrieb Tarjei Bö bei Instagram. Die Brüder wollen künftig mehr für ihre Familien da sein, der Aufwand für die Olympischen Winterspiele 2026 in Antholz ist ihnen zu groß.

Auf Björndalens Fußstapfen

Johannes Thingnes Bö hatte sich zuletzt in Lenzerheide mit seinen WM-Titeln 21 bis 23 zum alleinigen Rekordweltmeister gekrönt und Legende Ole Einar Björndalen abgelöst. "Das dauert lange, bis das einer überbieten kann", sagte Björndalen.

Im Weltcup holte Bö bislang 79 Einzelsiege, dazu fünfmal die große Kristallkugel. Bei Olympia gewann er fünfmal Gold. "Sein Niveau", so Lägreid, "war nicht von dieser Welt. Er hatte alles, um der Allerbeste zu sein und ist es geworden."

"Die Urgewalt" Johannes Thingnes habe "genug gesiegt", sagte sein fünf Jahre älterer und kaum minder erfolgreicher Bruder Tarjei süffisant. Der wurde ebenfalls dreimal Olympiasieger, gewann einmal den Gesamtweltcup und holte zwölf Weltmeistertitel.

Am Sonntag endet nun eine Ära im Biathlonsport. Er hoffe doch noch "100 Prozent fit" zu werden, sagte Johannes Thingnes Bö. Damit er gemeinsam mit seinem Bruder vor Zehntausenden Zuschauern den wohlverdienten letzten Tanz bekommt.