Carlie Irsay-Gordon hat eine Hands-on-Mentalität. "Ich muss wissen, ob jemand nur Schlagworte benutzt oder wirklich Ahnung hat", betont sie. Ihre Präsenz an der Seitenlinie ist Teil ihrer Strategie: Um bessere Entscheidungen treffen zu können, will sie verstehen, wie Football funktioniert.
"Manchmal nerven sie mich", sagt General Manager Chris Ballard über die ständigen Fragen seiner Chefin, "aber dann denke ich darüber nach - und sie hat recht." Headcoach Shane Steichen lobt: "Sie versteht das Spiel. Sie ist von Tag eins an involviert und stellt die richtigen Fragen."
Vater Jim als legendäre Figur
Die Colts, Super-Bowl-Champions von 1971 und 2007, sind Familiensache. Carlie Irsay-Gordon hat das Team, das am 9. November in Berlin gegen die Atlanta Falcons spielt, von ihrem legendären Vater übernommen.
Jim Irsay verstarb im Mai - weil er 2014 wegen Drogenkonsums verhaftet wurde und auf Entzug ging, führte seine Tochter vorübergehend schon mal die Geschäfte. Ihr Großvater Robert Irsay hatte die damals noch in Baltimore beheimateten Colts ("Fohlen") 1971 gekauft und am 29. März 1984 innerhalb weniger Stunden nach Indianapolis verpflanzt.
Ob es nun an Carlie Irsay-Gordon liegt oder nicht: Die Colts sind mit einer bisherigen Bilanz von 4:1 eines der Top-Teams der Saison. Was mindestens so überraschend ist wie die verblüffende Renaissance ihres Quarterbacks.
Daniel Jones galt nach sechs durchwachsenen Jahren bei den New York Giants und einem Zwischenstopp bei den Minnesota Vikings als gescheitert. Nun aber gehört er nach fünf Spieltagen mit einer Passquote von 71 Prozent und einem starken "Quarterback-Rating" von 85 zu den Besten seines Fachs.
Quarterback Jones scheidet die Geister
Jones spiele wie ein Point Guard im Basketball, "effizient, schnell, präzise", lobt ESPN. Das Resultat: 1200 Passing-Yards, sechs Touchdowns, nur zwei Interceptions. Es gibt freilich nach wie vor viele Skeptiker.
Der NFL-Analyst Michael O'Hara etwa bemängelt an Jones: "Er profitiert stark vom System. Viele RPOs, viele kurze Pässe – das ist kein nachhaltiger Erfolg." RPOs steht für "Run-Pass Option", was bedeutet: Jones kann nach jedem Snap abhängig von der Reaktion des Gegners selbst entscheiden, was er mit dem Ball macht.
Bislang macht Jones seine Sache außergewöhnlich gut. Sollten sich kommende Gegner wie am Sonntag (19.00 Uhr/DAZN) die Arizona Cardinals aber besser auf ihn einstellen, wird Carlie Irsay-Gordon sicher ein paar Fragen haben.